Auf anderen Wegen

Berichte von 09/2017

Mittwoch, 27.09.2017 Frühling Frühling

Jetzt bin ich schon fast zwei Wochen wieder in Rankins Springs.Himmel, es tut gut wieder in einem ordentlichen Umfeld zu leben, wo nicht in jeder Ecke eine Müllhalde liegt. Und natürlich ist es schön, wieder mit Troy vereint zu sein. Letztes Wochenende sind wir hier in der Nähe der Farm zu einem Fluss zum Campen gefahren. Nur wir beide, weit und breit kein anderer Mensch. Richtig malerisch. Zu Troys Trauer waren zwar keine Fische an die Angel zu bekommen, aber es war schön am ersten richtig heißen Tag des Jahres einfach mal die Seele baumeln zu lassen, ein Lagerfeuer anzuzünden, überm Feuer zu kochen, Kniffel spielen und abends mit offenen Seiten des Zeltes mit Blick auf die Milchstraße einschlafen. Am nächsten Tag hatten wir dann aber doch genug von der Einsamkeit und sind zum Bummeln nach Griffith gefahren. 

Hier kommt langsam der Frühling an. Nachdem wir letztes Wochenende um die 36° hatten, was für diese Region in der Jahreszeit ein Hitzerekord war, hat es sich jetzt auf 25-30° C eingependelt. Leider bleibt der ersehnte Regen weiterhin aus. Für mich ist es natürlich schön. Sonne auf der Haut, lange Spaziergänge und auch zum Joggen ist es noch nicht zu heiß. Jobmäßig hat sich leider noch nichts ergeben. Ich bin gestern nochmal alleine nach Griffith gefahren und habe meinen Lebenslauf bei einigen Plätzen abgegeben, aber bisher habe ich leider nichts gehört.

Ich weiß nicht genau, woran es liegt. Vielleicht erinnern mich diese warmen Abende an all das Grillen, mit Freunden und Familie im Garten sitzen und allgemein deutscher Frühling. Jedenfalls vermisse ich Deutschland seit ich wieder in Australien bin mehr und mehr. Die australische Mentalität kann manchmal oberflächlich sein, was ich besonders bei der Jobsuche merke und hier auf der Farm ist es einfach einsam. Auch wenn ich die Familie hier sehr mag und natürlich unsagbar glücklich bin, wieder bei Troy zu sein, fehlt mir zunehmend ein fester Freundeskreis. Ich kann es kaum erwarten, dass wir das nächste mal nach Deutschland kommen, auch wenn das vor nächstem Sommer natürlich nicht in Frage kommt. An die Wissenschaftler unter euch, kann bitte jemand einen Teleporter erfinden?

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Montag, 18.09.2017 Abschied von Bummie

Es ist geschafft. Donnerstag Abend haben wir das letzte Schaf geschoren, die sheering shed aufgeräumt und hatten dann einen sogenanntem cutout. Man sitzt also noch mit einer Menge Bier zusammen, isst ein paar Snacks und lässt die stressige Zeit ausklingen. Nachdem das sheering mit dem Regen nicht besonders vielversprechend begonnen hatte, haben wir doch nur einen Tag verloren und konnten in 8 Tagen Arbeit alles abschließen. Diese Tage waren auch wirklich anstrengend, aber wenigstens kann man den Erfolg sehen: jeden Tag stehen weniger wollige Schafe auf der Farm. Am letzten Tag hatte man natürlich das Gefühl, es werden doch nicht weniger, sondern eher mehr ;-) aber abends gegen fünf war es dann endlich geschafft. Ich war bis zum Schluss noch ein bisschen nervös, ob Grant mir doch noch Probleme machen würde mit meiner Abreise am nächsten Tag, aber außer, dass er noch mehrfach betont hat, wie schade es ist, dass ich nicht bleibe, hat er mich in Ruhe gelassen. Ich bin auch wirklich nochmal ins schwanken gekommen und habe mich selber gefragt, ob es denn in der Zwischenzeit wirklich so unerträglich war. Schließlich hatte ich nicht ganz so viel mit Grant zu tun während dem sheering. Da ergibt sich eher ein eigener Rhythmus, der an die sheerer angepasst ist. Aber zum Glück ist immer, wenn mir diese Gedanken gekommen sind wieder was passiert, das mich in meiner Überzeugung bestätigt hat. Zum Beispiel bin ich Sonntag nach einem Wochenende mit Troy aus dem Auto ausgestiegen und habe ihn quer über die komplette Farm über irgendwas schreien und schimpfen gehört. Ich bin also immer noch überzeugt, dass es für mich die beste Entscheidung war.

Freitag morgen habe ich erstmal ganz in Ruhe meinen Wohnwagen auf den Kopf gestellt. Alles geputzt, sortiert, meine Sachen ins Auto gepackt, habe ein letztes mal mein Flaschenkind Bummie gefüttert und dann darauf gewartet, dass Grant den Papierkram für mich fertig macht. Hat natürlich eine ganze Weile gedauert, ist ja Grant - aber er hat mir eine sehr sehr gute Bewertung geschrieben, mich angemessen für die letzten Tage Arbeit bezahlt und dann konnte ich mich endlich endlich auf den Weg machen. Ich war so froh, dieser Farm hinter mir zu lassen!!

Jetzt bin ich seit ein paar Tagen wieder bei Troy. Leider hat mir sein Boss inzwischen eröffnet, dass die Ernte dieses Jahr sehr schlecht ausfallen wird und sie mich daher nicht als chaser bin driver einstellen können. Hier gab es nur sehr wenig Regen und tatsächlich sehe sogar ich, dass auf den Feldern kaum was wächst. Das ist natürlich eine ziemliche Enttäuschung. Ich versuche jetzt hier in Griffith einen Job zu finden. Die Fahrerei an den Wochenenden ist mit der Zeit sehr ins Geld gegangen und auch emotional anstrengend für Troy und mich gewesen. Ich halte euch auf dem Laufenden!

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Dienstag, 05.09.2017 Runter die Wolle

So meine Lieben, shearing 2017 hat gestern gestartet. Erstmal so viel: wenn einer von euch nochmal einen Merino-Pullover zu heiß wäscht, verschweigt es mir lieber!!

Aber von Anfang an: das letzte Wochenende war ich noch bei Julia und den Kindern in Canberra. Grant hatte sich kurzfristig noch überlegt, dass ich eigentlich doch besser da bleiben würde, doch da ich bevor ich Julia zugesagt hatte zweimal gefragt habe, ob er mich wirklich an dem Wochenende nicht braucht, hatte ich kein schlechtes Gewissen, abzulehnen und Julia zu besuchen. Als Kompromiss haben wir ausgehandelt, dass ich schon Sonntag Mittag wieder zurück bin. Gesagt, getan. Die Zeit mit Julia war wie immer unbezahlbar und schweren Herzens habe ich mich Sonntag morgen in Roody geschwungen und bin die 2,5 Stunden zurück zur Farm gefahren. War auch gut, denn tatsächlich sah es ziemlich nach Regen aus und war sehr stürmisch. Nasse Schafe kann man nicht scheren, also haben wir die Zeit nach meiner Ankunft damit verbracht, Schafe in die Scheune zu stopfen. Hat auch alles ohne Regen geklappt, aber farm work wäre nicht das gleiche, wenn alles glatt geht. Stromausfall - in einem Umkreis von 400 km. Dass man ohne Strom nicht scheren kann, versteht sich ja von selbst. Es war also eine große Zitter-Partie ob wir wirklich starten können. Zum Glück lief der Strom abends um neun wieder. Also am nächsten Tag früh raus, alles restliche vorbereiten und dann ging shearing los. Wir hatten drei shearer, also drei Schafe, die immer zeitgleich geschoren werden. Eigentlich entwickelt sich ziemlich schnell ein Rhythmus, der immer gleich aussieht:

Wenn das Schaf geschoren ist, muss einer von uns Shed hands die Wolle auf eine bestimmte Art zusammen schieben und mit einer Schwung-Wurf-Technik auf einen drehbaren Tisch werfen, so dass die Kanten alle ausgebreitet sind und die dreckige Seite der Wolle oben liegt. Dann wird der Tisch gedreht und die Stücke, die im Haupt-Flies nicht erwünscht sind abgerissen. Generell kann man sagen, was du nicht anfassen willst musst du festhalten. Also schwarzen Dreck und vor allem die sogenannt vegetable matter, also Woll-Bereiche in denen viele Gras-Samen, Dornen und andere Pflanzen-Teile hängen. Wir haben hier große Probleme mit Brombeeren, also haben auch die Schafe viel davon im Fell. Für diesen ganzen Spaß hat man pro Flies ungefähr zwei Minuten. Es ist wirklich Akkord-Arbeit und man ist jedes mal froh, wenn die shearer selbst eine Pause machen (ungefähr jede Stunde einmal zehn Minuten). Gestern haben wir dann leider den befürchteten Regen bekommen. Wahrscheinlich sind die Schafe auf den paddocks jetzt so nass, dass sie erstmal drei Tage trocknen müssen, aber die Hoffnung, dass wir ab morgen weiter scheren können, stirbt zuletzt. Wir werden jetzt gleich erstmal loslegen, die Schafe ins trockene zu bringen, damit sie zumindest schonmal anfangen können zu trocknen. Wünscht uns Glück!! Ich möchte doch möglichst schnell abreisen!!

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