Auf anderen Wegen

Berichte von 05/2020

Samstag, 30.05.2020 Ein Update

Hallo ihr Lieben,

 

da ichdoch immer wieder gefragt werde, ob ich meinen Blog fortführen kann, lasse ich euch heute nochmal mit einem Update an unserem Leben teilhaben. 

Wie auch im Rest der Welt stand in Australien vieles still in den letzten 2 Monaten. Wir haben beide Glück, dass unsere Firma bis jetzt die Krise ganz gut durchgehalten hat. Der anhaltende Streit zwischen China (dem Hauptabnehmer unserer Woodchips) und Amerika hat schon im letzten Jahr für weniger Arbeit und verringerte Stunden in unserer Branche gesorgt, aber das hieß für uns einfach nur, dass wir keine 14-Stunden-Tage mehr gearbeitet haben, sondern ein Maximum von 60 Stunden pro Woche. Also für uns eher angenehm. Seit Corona anfing ging es dann doch weiter rapide bergab. Erst wurden wir gebeten unser Pensum auf 3 Wochen Arbeit und 1 Woche unbezahlt fei umzustellen - was für uns auch weiterhin kein Problem war. Dann wurde uns eröffnet, dass der Hafen für 2 Wochen schließt, daraus wurden 4 Wochen und inzwischen ist die Aussage, dass die Produktion für 6-8 Wochen eingestellt werden muss. Wie fast immer haben Troy und ich mehr oder weniger Glück im Unglück. Troy ist schon seit einer Weile an eine Firma ausgeliehen, die weiterhin produzieren kann. Die australische Regierung hat außerdem eine Unterstützung für Firmen realisiert, die eben in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Den Mitarbeitern wird ein Betrag gezahlt, der zwar viel geringer ist als unser durchschnittliches Einkommen, aber wenigsten die meisten Köpfe über Wasser hält. Wie so oft lässt die Regierung leider Menschen in meiner Visa-Situation alleine, aber durch die staatliche Unterstützung kann meine Firma mich weiterhin mit Arbeit versorgen. Zwar ein bisschen weniger und mit einem weiteren Weg zur Arbeit als bisher, aber immerhin bedeutet das, dass wir unsere Reserven nicht verbrauchen müssen. Lange Rede kurzer Sinn: wie immer kommen wir doch irgendwie glimpflich davon.
Ich sage euch allerdings ganz ehrlich, die letzten Monate waren nicht einfach für mich. Ein Wechselbad der Gefühle. Besonders die Aussicht, dass mein Bruder im Juni heiratet und ich nicht dabei sein kann fällt mir sehr sehr schwer. Meine kleine Schwester hat ihre Feier inzwischen auf nächstes Jahr verschoben - ich hoffe sehr, dass sich bis dahin der internationale Flugverkehr wieder so weit normalisiert hat, dass ich daran teilnehmen kann. Weit weg ist Australien immer, aber so schwer wie in den letzten Monaten ist mir die Entfernung nie gefallen. Nicht mal Pakete haben es in die eine oder andere Richtung geschafft (mein Paket von Ostern, 4 Wochen vorher abgeschickt, ist heute endlich in Deutschland angekommen). Aber Troy und ich können uns natürlich glücklich schätzen, dass wir unser Haus mit großem Garten haben und uns somit wirklich nur selten langweilig geworden ist in den langen Wochenenden, an denen man noch nichtmal das eigene Grundstück ohne einen guten Grund verlassen durfte. Und wenn wir uns doch mal auf die Nerven gegangen sind hat er sich mal für ein paar Stunden in seine "Man cave" unsere Garage und Partyraum zurückgezogen und ich habe im Haus gewuselt.

Gerade jetzt, wo ich mit meinem Kaffee auf der Veranda sitze und diesen Beitrag schreibe wird mir wieder bewusst, was für ein Glück ich doch habe dieses "home away from home" gefunden zu haben. Hinter mir sitzt Dolly das Wallaby (=kleine Känguruart), die Hühner scharren in Sichtweite nach Würmern und Troy sitzt an seinen Fitnessgeräten in der Man cave. Sogar unsere Nachbarn sind toll und haben unsere Hühner schon halb adoptiert. Wir hatten große Sorge jemand könnte wieder an unseren freilaufenden Babies Anstoß nehmen wie damals bei unserem letzten Haus, aber im Gegenteil haben unsere Nachbarn genauso viel Spaß an ihnen wie wir. Sie nennen sie immer "the little feathered helpers" und machen sich direkt Sorgen, wenn sie die 3 mal für einen Tag nicht sehen. Und wir wissen meistens, wo wir Anna, Elsa und Bacardi finden können, wenn sie nicht in Sichtweite sind. Vor ein paar Wochen ist auch nochmal ein Koala durch den Garten gewandert, aber leider scheint er nicht hier geblieben zu sein. Wir versuchen so viele einheimische Pflanzen wie möglich in unserem Garten zu haben um die einheimische Tierwelt zu unterstützen und sind froh über die Unmengen an Eukalyptusbäumen verschiedenster Arten, die sicherlich schon seit Jahrzehnten hier wachsen. 

Ich vermisse euch alle sehr. An jedem Tag ist mir bewusst wie viel Glück ich im Leben habe, aber gleichzeitig vermisse ich auch vieles. Ich kann es nicht erwarten, dass die Grenzen endlich wieder geöffnet werden. <3

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