Auf anderen Wegen

Freitag, 09.12.2016 Von Suizid-Vögeln und platten Reifen

Woche eins alleine im blauen Haus ist schon lange wieder vorbei und auch ohne Nicole vergeht die Zeit wie im Flug. Übrigens ist mir gestern eingefallen, dass ich wohl die “blaues Haus-Geschichte“ hier noch gar nicht zum besten gegeben habe. Also mit einiger Verspätung die Erklärung, warum wir im blauen Haus wohnen: das Haus im Ort von Pingrup dient Alan und Susan nicht nur als Backpacker-Unterkunft, sondern auch als Gäste-Haus wenn Besuch da ist. So war also vor ein paar Jahren Susan's Mutter zu Besuch und hatte offenbar Langeweile - und hat das vorher braune Haus babyblau angestrichen. Allerdings ohne Susan vorher zu fragen. Susan kam also nichts ahnend zu ihrem Haus und fand Fassade, Garage und Gartenzaun babyblau. Bis heute erzählt sie diese Geschichte so empört und sauer, dass Nicole und ich es “The Blue House“ getauft haben. Diesen Namen hat in den letzten acht Wochen so ziemlich jeder in Pingrup übernommen. Soviel also zum blauen Haus.

Autofahren in Pingrup gestaltet sich momentan zunehmend schwierig. Wir haben hier große Schwärme der rosa-köpfigen Kakadus, die von den Australien generell suicide birds genannt werden, weil sie, ähnlich wie Kängurus, immer den Moment abpassen vors Auto zu fliegen, wenn man nicht mehr bremsen kann. Jetzt ist allerdings Ernte-Zeit - und das ist Fluch und Segen für die kleinen Quälgeister. Sie fressen nämlich das ganze Getreide, das von den Trucks fällt und werden fett und fetter und kommen einfach nicht mehr von der Straße hoch. Wenn ich also morgens um 6:30 zur Farm fahre, fahre ich im Ort Schrittgeschwindigkeit um ihnen Gelegenheit zu geben, mir aus dem Weg zu gehen. Allerdings nehmen sie das eher zum Anlass, eine Straßen-Blockade zu bilden und sich einfach nicht zu bewegen. Hupen hilft in sofern, dass sie zumindest kurz 20 cm abheben, um dann völlig erschöpft 1m weiter wieder vor dem Auto zu landen. Die Australier sind da übrigens nicht so rücksichtsvoll und deshalb liegen jetzt schon so einige tote Kakadus auf der Straße. 

Zweiter gefährlicher Punkt fürs Auto ist das fahren auf den nicht befestigten Tracks auf den Farms. In der Dämmerung muss man sehr aufpassen, kein suizidales Känguru zu rammen. Das ist bisher geglückt. Vor ein paar Tagen allerdings war ich mal wieder aus Langweile zu Besuch auf dem Traktor und bin im Dunkeln zurück zur dazugehörigen Farm gefahren. Plötzlich schepperte es, ein zischen... Ihr ahnt es wohl schon, ich wollte es nicht wahrhaben: mein Reifen. Um 23:30 mitten im nirgendwo ohne Empfang. Zum Glück hatte ich einen Beifahrer, der praktischerweise auch noch Kfz-Mechaniker ist und mir den Reifen ohne viel Trara gewechselt hat. Zum Glück hatte Alan mir ein paar Wochen vorher das entsprechende Werkzeug geschenkt. Also mit reichlicher Verspätung doch noch zur Farm und am nächsten Tag zum nächstgelegenen Reifen-Service. Der ist ja nur 50 km entfernt ;-) die Jungs dort waren schwer beeindruckt von der Größe des Lochs (ungefähr Kugelschreiber-Schaft-dick) und haben mir erklärt, so was würde nur eine Deutsche hinkriegen und dass ich wohl Feinde in Pingrup haben müsste. Na wenigstens hatten die ihren Spaß :D also Reifen repariert, zurück in den Kofferraum, zurück nach Pingrup. Zwei Tage später fand dann unser Kfz-Mechaniker auf der Farm die Zeit, die Reifen wieder zu tauschen, nur um dabei festzustellen: der Reifen ist wieder platt. Herrlich!

Nach einem Anruf bei dem Reifen-Handel saß ich also wieder im Auto auf dem Weg nach Lake Grace. Obwohl ich lieber einfach einen neuen Reifen gehabt hätte, haben die Jungs ihn jetzt nochmal geflickt und mich gebeten, nochmal vorbei zu kommen bevor ich mich auf den Weg nach Melbourne mache, damit sie ihn dann nochmal überprüfen können.Wenigstens ist das und die zweite Reperatur kostenlos, so dass ich dann wieder versöhnt war.

Ihr seht also, auch die sonnigen Tage bekomme ich in Pingrup ohne Langeweile rum. Und ab Sonntag ist hier auch erstmal Regen angesagt, dann kommen alle Ernte-Arbeiter wieder in den Ort! Juhu :-)

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