Auf anderen Wegen

Dienstag, 10.01.2017 Abschied von WA

Jetzt muss ich dann doch nochmal meinen Blog aktualisieren, bevor morgen meine Eltern endlich endlich endlich ankommen. So viele Kilometer, die ich in den letzten Tagen abgerissen habe, soviele Dinge, die ich gesehen habe. Ich fange besser ganz vorne an.

Aber erstmal die wichtigste Nachricht: ich habe heute mein Visum für das 2. Jahr beantragt uuuuund: BEWILLIGT!! Jeden, der dachte ich würde in ein par Monaten endgültig wieder nach Hause kommen muss ich also enttäuschen. Ich hatte ja doch ein bisschen Angst, dass bei mir alles genauer geprüft wird (was ungefähr bei jedem 7. Antrag passiert), aber nach ungefähr 10 Minuten hatte ich die eMail im Kasten. Juhu!!!

Jetzt aber zu den letzten zwei Wochen. Der Abschied vom Blue House, Sue und Acky und meinen Pferden ist mir natürlich sehr schwer gefallen. Freitag abends waren Troy und ich noch mit den beiden essen und sind am nächsten morgen (Silvester) früh aufgestanden um zu packen. Oder genauer gesagt habe ich das blaue Haus geputzt und Troy hat Roody beladen. Allerdings wurde sein Gesichtsausdruck mit jedem Mal wenn ich ihm was neues gegeben habe, breiter und irgendwann fragte er nur ein bisschen verzweifelt, wieviel Kram ich denn noch hätte. Wir beide hatten irgendwann die Tetris-Melodie im Ohr und haben die letzten Sachen nur noch in Lücken gestopft und dann war es geschafft. Alles drin und die Vordersitze waren sogar noch mehr oder weniger frei. Darüber, wie wir dann abends im Auto schlafen haben wir uns dann lieber erstmal keine Gedanken gemacht. Dann ging es ein letztes Mal zur Farm, ein letztes Mal zu den Pferden, alle nochmal umarmt und dann auf nach Bremer Bay. Übrigens hat mich Troy irgendwann auf der Fahrt dann mal gefragt, warum ich eigentlich die Cruise Control nicht benutze. Was zum Henker ist Cruise Control?? Da hatte ich doch tatsächlich die ganze Zeit einen Tempomat im Auto ohne es zu wissen. Wäre vielleicht auch auf den 7000 km die ich vorher schon gefahren bin praktisch gewesen ;-) Troy hat mich herzlich ausgelacht und erzählt die Story seitdem jedem, der sie hören will oder auch nicht. Seitdem sind auch meine Füße auf langen Strecken sehr viel entspannter.
Gegen Mittag sind wir dann in Bremer Bay angekommen und zu dem Campingplatz gefahren, wo sich unsere Freunde aus Pingrup und ein erweiterter Freundeskreis derer schon ausgebreitet hatten. Wildcampen an Silvester ist natürlich mehr als nur verboten in sämtlichen Orten, aber wir haben Roody einfach an der Außenseite des Zauns geparkt, an deren Innenseite die anderen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Ich hatte natürlich schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil wir ja auch Toiletten und Duschen mitbenutzt haben, aber ich habe dann am nächsten Morgen im Cafè einfach ein ordentliches Trinkgeld gegeben. Wir Pingruper sind dann irgendwann zum Strand spaziert (es waren frische 27° C), wo schon um die 40 Jeeps standen, weil da wohl abends auch eine Party steigt, haben uns ein bisschen die Füße vertreten, haben im Pub vorbei geschaut und sind irgendwann wieder im Campingplatz angekommen, wo langsam der Grill angeworfen, das Lagerfeuer gezündet und die gemütliche Stimmung ausgepackt wurde. Ich habe schon so lange an keinem richtigen Lagerfeuer mehr gesessen, weil in Australien ja überall Brandgefahr herrscht. Herrlich! Und das obligatorische Barbecue war natürlich auch wieder himmlisch. Ich hatte Troy schon am Abend vorher mit Dinner for one vertraut gemacht, das hier einfach überhaupt keiner kennt. Die deutschen unter uns haben sich dann irgendwann mit einer Flasche Jägermeister ein bisschen vom Lärm zurückgezogen und bei jedem Mal, wo der Butler trinkt, einen ordentlichen Schluck genommen. Von innen gewärmt waren wir dann auch bereit für den Jahreswechsel. Der war ehrlich gesagt relativ unspektakulär. Ich wäre gerne nochmal zum Strand gegangen, aber wir hatten die Befürchtung, dass nach Mitternacht der Eingang zum Campingplatz kontrolliert wird, um zu Verhindern, dass jemand dort schläft der nicht bezahlt hat. Wir sind also einfach am Feuer geblieben und haben uns ein frohes Neues gewünscht. Danach ging es noch zu einer fröhlichen Runde über den Campingplatz, um einfach jedem der uns begegnet auch viel Glück fürs neue Jahr zu wünschen. Auf dem Weg haben wir nicht nur viele betrunkene Australier getroffen, sondern auch eine Besonderheit: hch versteckt in einem Baum hinh ein Knicklicht. Und aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund hat Troy verkündet, dass er es haben will. Und aus noch viel weniger nachvollziehbaren Gründen haben Daniel, Kristian und ich alles versucht, um es für ihn runterzuholen. Es endete damit, dass die beiden mir eine Räuberleiter gegeben haben, ich das verdammte Knicklicht schon berührt habe und dann umgefallen bin. WIr haben die Challenge dann erstmal zu den Akten gelegt, sind zurück zum Lager, Troy und ich haben alle eine gute Nacht gewünscht - und sind auf dem Weg zum Auto wieder an dem Knicklicht vorbei gekommen. Naja, ein Versuch noch: ich habe den Autoschlüssel geworfen, der dann 1 cm neben dem Knicklicht im Baum hängen blieb. Zu guter Letzt mussten wir dann einen Holztisch unter das Knicklicht tragen, um dann beides wiederzubekommen. Gut, dass uns bei dieser Aktion keiner gesehen hat. Das Platzproblem im Auto hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt auch erfolgreich verdrängt und haben so um 1 Uhr morgens alles was irgendwie ging auf die Vordersitze gepackt, bis genug Platz war, um genau nebeneinander auf der Seite im Auto zu schlafen. Keiner von uns hat es in dieser Nacht geschafft, sich auch nur zu drehen, aber der Vorteil war sicherlich, dass die Polizei, die die Straße entlang gefahren ist und in die Autos geleuchtet hat, nicht auf die Idee gekommen ist, dass in diesem vollgestopften Auto jemand schlafen könnte. Ziemlich steif waren wir beide dann schon ziemlich früh am nächsten Morgen wach, haben uns von den letzten Pingrupern verabschiedet und sind Richtung Esperance aufgebrochen.

Esperance - für mich der dritte Besuch, aber für Troy der erste. Erstmal hatten wir aber 4,5 Stunden Fahrt vor uns. Um die Zeit zu überbrücken haben wir ein Spiel erfunden, welches darauf basiert, dass eigentlich jeder Autofahrer auf den Straßen von Westaustralien gegenseitig grüßt, wenn man sich sieht. Aber manche wissen das eben nicht. Wir haben also das Waving Game ins Leben gerufen: wenn du auf den nächsten 300 km keine 20 Waves bekommst, musst du... Essen bezahlen, Auto waschen etc. pp.! Die Schwierigkeit in Westaustralien ist dabei natürlich, dass es durchaus vorkommen kann, dass einem auf 300 km keine 20 Autos entgegen kommen. Aber wir hatten den größten Spaß dabei. In Esperance haben wir dann ganz australisch die ungegrillten Fleischreste vom Vortag auf ein öffentliches Barbecue geschmissen und danach in ein Hostel eingecheckt. Uns beiden war nach der engen Nacht nach einem richtigen Bett. Nach der Tour zu den schönsten Stränden in Esperance, einer ausgeruhten Nacht und einem entspannten Frühstück haben wir noch ein letztes Mal in der Zivilisation aufgetankt und dann ging es Richtung Nullabor, diese elend lange Inland-Strecke, die ich vor ungefähr 5 Monaten schon alleine gemacht hatte. Nach Esperance kreuzt man noch Norseman, einen letzten kleinen Ort und dann gibt es für ungefähr 2000 km nur noch Roadhouses mit Campingplätzen, Cabins und überteurtem Benzin (1,80/l, normalerweise 1,20 in Australien). Diese Strecke sind wir dann auch einfach durchgefahren, haben uns gegenseitig Artikel auf Natur-Magazinen vorgelesen und auch mal 200 km nur aus dem Fenster geschaut. Wie gut, einen Tempomaten zu haben auf solchen Strecken!! Zu Zweit ist die Strecke viel angenehmer, besonders weil die Straßen vornehmlich einfach nur geradeaus führen. Da ist es sehr angenehm sich alle 200 km anzuwechseln, sonst verliert man ziemlich leicht die Aufmerksamkeit. Eigentlich hatten wir auf der Nullabor plain zwei Stops eingeplant - allerdings haben wir den Fehler gemacht, schon in Esperance davon zu sprechen, wie groß unsere Lust auf eine Pizza wäre, nachdem wir monatelang keine hatten in Pingrup. Im Endeffekt sind wir am 2. Tag 11 Stunden fast durchgefahren, nur um endlich nach Ceduna zu kommen, den ersten Ort mit einer Pizzeria. Ich sage euch, wenn man sich 3 Tage lang gegenseitig heiß auf Pizza macht, ist es einfach das beste, was man essen kann!! Übrigens haben wir auf der Strecke auch 3 Zeitzonen durchfahren und sind euch jetzt wieder 10 Stunden voraus.

Von Ceduna aus ging es dann am nächsten Tag nach Adelaide, wo ich Troy in dem deutschen Ort Hahndorf zum Essen eingeladen habe. In einem bayrischen Brauhaus! Kasseler mit Sauerkraut und Käsespätzle. Das war ehrlich gesagt sogar noch besser als die Pizza am Tag davor. Am nächsten Morgen haben wir einen schnellen Abstecher zum Strand in Adelaide gemacht, um uns zumindest kurz abzukühlen. Es war morgens schon 30°C und sollte über den Tag 37° werden. Danach noch kurz eine zweite Touri-Tour nach Hahndorf, da am Abend vorher die Geschäfte schon alle geschlossen hatten. Eigentlich hatte ich vorgehabt, auf dem Weg nach Victoria noch schnell bei Dagmar anzuhalten und hallo zu sagen, aber leider waren wir dann inzwischen ganz schön spät dran und haben uns dagegen entschieden. Auf dem Weg zu Troys Vater in Hamilton haben wir dann noch bei einem tollen Sinkhole vorbeigeschaut. In dem Ort Mt. Gambier besteht viel des Bodengesteins aus sogenanntem Lime Stone, der von vielen Wasseradern durchzogen ist. Irgendwann ist dann ein ungefähr 20 m tiefes Loch mit ca 30m Durchmesser entstanden, das heute eine Touristenattraktion ist. Direkt in Hamilton haben wir noch bei einem Wasserfall vorbeigesehen, aber leider war es schon fast zu dunkel um Fotos zu machen. Die Nacht haben wir dann bei Troys Vater verbracht. Hamilton liegt ungefähr 400 km westlich von Melbourne. Am nächsten Tag war dann unser letzter gemeinsamer Roadtrip, als ich Troy nach Geelong gebracht habe, kurz vor Melbourne, wo er sein Auto und seine Sachen zurückgelassen hatte. Wir beide waren ganz schön zerschlagen von der Strecke. In 5 Tagen 3500 km. Für ihn ging das Programm direkt weiter, weil er morgen zu seinem nächsten Roadtrip aufbricht, für mich brach das erste Mal seit Monaten ein Tag komplett ohne Programm an. Ehrlich gesagt sehr komisch! Für den nächsten Tag hatte ich eigentlich geplant, mir die berühmte Great Ocean Road schonmal anzusehen, da ich sie mit meinen Eltern machen will - als ich aber schon vor dem eigentlichen Beginn nur im Stau stand und einfach nur einen Menschen-Overload hatte, bin ich umgedreht, 300 km in die andere Richtung gefahren bis der Verkehr wieder ruhiger wurde und habe mir ein Motel gesucht. Nach so langer Zeit im Outback muss ich mich erstmal wieder an Städte gewöhnen.

Am nächsten Tag habe ich mich dann noch einmal mit Troy bei seiner Mutter getroffen, die östlich von Melbourne wohnt, in einem Ort sehr nah an der Küste. Wir haben dann alle zusammen eine Küstenfahrt unternommen, den Nachmitag gemütlich im Whirlpool auf der Terrasse gesessen, den Abend mit einem Barbecue (was auch sonst) beendet. Dabei habe ich übrigens mein erstes Opossum von ganz nahem gesehen. Troys Mutter hängt jeden Abend einen Apfel und eine Birne in den Baum, welche sich die kleinen lustigen Tierchen dann holen. Ich dachte schon ich würde es verpassen, weil jedes Mal keine Tiere da waren wenn ich gucken gegangen bin, aber kurz vorm Schlafen gehen ist Troys Mom nochmal raus gegangen und da waren sie dann. Zu niedlich!! Am nächsten Tag sind dann auch ein paar Tränen geflossen - nach vier Monaten im gleichen Ort ist es sehr komisch, nicht zu wissen, ob man sich wieder sieht. Aber das ist wohl einer der Punkte, der traveln immer begleitet. Und nach so langer Zeit kannte ich das Gefühl gar nicht mehr, wirklich ALLEINE irgendwo zu sein, ohne dass jemand greifbar auf dem Traktor ist oder auf der Straße ein paar Worte mit mir wechselt. Um einem neuen Menschen-Overload zu entgehen, bin ich dann einfach 3 Stunden weiter Richtung Osten und Süden gefahren und habe den Tag mit Wandern im Wilson Promontory Nationalpark verbracht. Der Park zeichnet sich aus durch (die für Victoria typische) grüne Landschaft, die direkt an Dünen und Strände grenzt und zudem sehr schöne Lookouts hat. Es tat gut nach all den Tagen im Auto mal wieder den ganzen Tag auf den Beinen zu sein, auch wenn die Landschaft mich nicht wirklich vom Hocker reißen konnte. Die Strände in Victoria sind gelb im Vergleich zu dem strahlend weißen Sand in WA und das Wetter war leider nicht hundertprozentig schön. Der Himmel wurde immer mal wieder grau. Aber auf jeden Fall gut um meinen aufgewühlten Geist wieder zur Ruhe zu bringen.

Heute morgen bin ich dann nach Philipps Island gefahren, eine kleine Insel 150 km süd-östlich von Melbourne. Leider war es auch heute grau und kühl und so bin ich nur ein bisschen über die Insel gefahren, habe an ein paar Lookouts angehalten, irgendwann das Auto so umsortiert, dass hoffentlich morgen das Gepäck von meinen Eltern und auch meine Eltern in Roody Platz finden und bin jetzt in einem Hotel direkt am Airport, damit ich die beiden dann morgen früh um 6:30 in Empfang nehmen kann. Juhu juhu, endlich wieder Menschen von Zuhause!! Es ist noch gar nicht real für mich, dass ich die beiden schon in 11 Stunden in die Arme schließen darf!!!

Kommentar schreiben