Auf anderen Wegen

Sonntag, 06.12.2020 Die Katze aus dem Sack

Meine Lieben, sewit dem letzten Eintrag wollte ich so oft ein neues Update starten, aber es ist so viel passiert, dass ich einfach nicht wusste wo ich anfangen sollte. Also - here we go. Wie ich indem letzten Beitrag erwähnt hatte, haben wir bei unserem letztenMeeting erfahren, dass wir bis ca Februar oder März nict mehr arbeiten sollten. Was ich in dem Beitrag nicht erwähnt habe war, dass ich an genau diesem Morgen einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt und vor Glück fast geplatzt wäre. Wer eine Vorstellung davon hat, wie hart wir arbeiten und wie stark die Erschütterungen in unseren Maschinen sind, kann sich wahrscheinlich denken, dass die Nachricht, dass wir erstmal nicht mehr arbeiten müssen für mich daher sehr zweigeteilt war. Finanziell war es natürlich jetzt sehr eingeschränkt, aber zumindest musste ich mir keine Ausrede einfallen lassen, warum ich plötzlich den Maschinen fernbleiben wollte. Da TRoy einer der wenigen in der Firma war, der weiterhin gearbeitet hat, sind wir auch ganz gut über die Runden gekommen und ich habe die ersten Wochen der Schwangerschaft mit viel Gartenarbeit und Spazierengehen einfach nur entspannt genossen. Glücklicherweise gehöre ich auch zu denjenigen, die ohne Übelkeit durch die Schwangerschaft gehen und ich hatte nur etwas mit Müdigkeit zu kämpfen. Da ich ja eh Zuhause war, hat mich das eigentlich überhaupt nicht eingeschränkt.

Angesichts des Wissens, dass ich frühestens im Februar wieder arbeiten sollte und dann ja spätestens im Mai in Mutterschutz gehen würde war für uns auch klar: jetzt ist die Zeit uns unseren Traum vom eigenen Hund zu erfüllen. Also fing die Suche nach einem Welpen an. Und Leute, ihr könnt es euch nicht vorstellen, wie schwer es momentan ist, tatsächlich einen Hund zu adoptieren. Zu diesem Zeitpunt war unser Bundesstaat im Teil-Lockdown und scheinbar haben viele das als Gelegenheit genutzt, sich ebenfalls einen vierbeinigen Gefährten anzuschaffen. Nach langem Suchen und Überlegen haben wir schlieslich Kontakt mit einer Familie aufgenommen, die einen Wurf Rottweiler/Blue Heeler-Welpen abzugeben hatte. Auch diese arme Familie wurde völlig von Nachrichten überschwemmt, aber scheinbar habe ich den richtigen Ton getroffen, um aus der Masse herauszustechen und wir haben die Zusage bekommen, uns einen der Zwerge auszusuchen. Bei genauerem Hinsehen hat die Mutter nur einen geringen Anteil Rottweier und eher Labrador und Kelpie-Gene. Wir sind mit einer kleinen, 8 Wochen alten Hündin heim gefahren und waren so verliebt. Lily war ein bisschen schüchtern für die ersten Tage, aber hat unser Grundstück und die Herzen sämtlicher Nachbarn im Sturm erobert. So anstrengend es auch ist, einen kleinen Welpen zu erziehen, so herzerwärmend ist es auch, sie wachsen zu sehen und mitzuerleben, wie man sich gegenseitig immer besser kennenlernt.

Nun, unsere Firma wäre nicht unsere Firma, wenn sie uns nicht mit einer überraschenden Wendung wie im Film überfallen würde. Lily ist samstags bei uns eingezogen, dienstags bekam ich eine Nachricht, dass ich bitte am nächsten Tag zu einem wichtigen Meeting nach Portland kommen möge. Oh oh, wichtige Meetings waren eigentlich nie gleichbedeutend mit positiven Neuigkeiten. Ich habe also den Welpen ins Auto gepackt und bin mit sehr gemischten Gefühlen nach Portland gefahren. Zurecht, wie sich herausstellte. Der Inhalt des Meetings war, dass unsere Firma nicht mehr für die staatliche Förderung zugelassen ist und sie infolge dessen leider 14 Leute entlassen müssen (das sind ca 15%) und der Rest wieder Vollzeit zur Arbeit zurück kehrt. Mir ist die Kinnlade runtergefallen. 4 Tage nachdem wir uns nach langem hin und her einen Hund anschaffen, lassen sie diese Bombe platzen.
Obwohl ich zu dem Zeitpunkt erst in der 8. Woche schwanger war, habe ich die Gelegenheit genutzt und meine Chefin darüber informiert. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es richtig ist, in einer so schwierigen Zeit mit offenen Karten zu spielen. Sie hat sehr verständnisvoll reagiert und mir versprochen, dass wir einen Weg finden.
Wir mussten ca 1.5 Wochen warten, bis wir erfahren haben, wer die betroffenen Angestellten sind und waren im Endeffekt nicht darunter. Wir waren besonders in Bezug auf meine Ehrlichkeit schon nervös gewesen - denn hier wird der Schutz von Schwangeren nicht ganz so hich geschrieben wie in Deutschland. Man darf mich zwar nicht wegen der Schwangerschaft kündigen, aber aus wirtschaftlichen Gründen dann doch.

Wir waren zwar erleichtert, ass wir beide unsere Jobs behalten haben, aber das hat uns natürich vor das Problem gestellt: was machen wir jetzt mit dem 10 Wochen alten Welpen? Wir haben lange überlegt sie abzugeben. Ich hatte einfach das Gefühl, es ist fairer für den Hund zu einer Familie zu kommen, die mehr Zeit hat. Aber besonders Troy konnte sich dann doch nicht dazu durchringen. Zum Glück ist ungefähr zeitgleich meine holländische Freundin Sanne bei uns eingezogen, die zwar auch arbeitet, aber nicht ganz so lange wie wir und wir haben sowohl eine Hundetagesstelle gefunden, die bereit ist Lily einen Tag in der Woche zu betreuen, als auch eine nette Frau, die sie einmal am Tag spazieren führt, wenn wir nicht da sind. Da es jetzt drausen schön warm ist, bleibt Lily in unserem riesigen Hundeauslauf, den die Vorbesitzer angelegt hatten und hält es wohl ganz gut aus. Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, aber wir versuchen es so gut wie möglich für sie zu machen.

Seit ca 3 Wochen sind wir jetzt zurück bei der Arbeit. Als ich meinem Arzt erklärt habe, dass ich zurück zur Arbeit muss, hat er mir direkt ein Attest ausgestellt, das so ziemlich alles verbietet. Keine Tätigkeit, die Stöße oder Vibration beinhaltet (das schließt sämtliche Maschinen aus), keine Tätigkeit mit Chemikalien und kein Heben über 5 kg. Infolge dessen bin ich jetzt zwar 12 Stunden am Tag im Buch mit meiner Crew, aber bleibe quasi den ganzen Tag im klimatisierten Auto und mache die komplette Papierseite des Jobs. Ich hatte erst Sorge, dass die Crew mir das Leben schwer machen würde, weil sie mich als faul ansehen, aber tatsächlich ist es jetzt so, dass meine Kollegen mich quasi gar nichts machen lassen. Wann immer ich irgendeine Tätigkeit übernehmen möchte, die auch nur entfernt anstrengend ist, kommt irgendwer um die Ecke und sagt "sit back, you are pregnant". Mich bringt das in die sehr komfortable Situation, dass ich eher darum kämpfe mehr zu machen als mich vor Arbeiten zu drücken, die sie mir übergeben wollen. Allerdings streckt sich ein 12 Stunden Tag sehr, wenn man nicht viel zu tun hat und besonders mein Rücken wehrt sich gegen das ungewöhnte, inaktive Leben. Hier wird es langsam Sommer und an unserem ersten richtig heisen Tag (39°C) hatten wir ein Problem mit den Maschinen nach dem anderen und ich war dementsprechend nicht im Auto, sondern mit den anderen in der Sonne nah dran am Geschehen. Früher hätte mir das nicht viel ausgemacht, aber diesmal ging es mir danach tatsächlich das ganze Wochenende über nicht gut. Mich rechtzeitig zurück zu ziehen und wieder hinzusetzen muss ich wohl noch lernen.

Dauerhaft soll ich wohl wieder zurück in die Logyards, wo ich ja vor einiger Zeit schonmal für ein paar Monate eingesetzt war - aber Australiens bester Freund China lässt momentan die Muskeln spielen und kauft kein Holz mehr von uns, was zur Folge hat, dass die Logyards momentan komplett geschlossen sind. Das treibt meine Chefs in den Wahnsinn. Auf unserer Weihnachtsfeier letzten Freitag kam mein Chef (eventuell nicht ganz nüchtern) zu mir und erklärte "Ich freue mich so für dich. Ich habe keine Ahnung was wir mit dir machen sollen, aber ich freue mich riesig für euch". 

Allgemein geht es mir richtig gut in der Schwangerschaft abgesehen von den zunehmenden Rückenschmerzen. Die Reaktionen der meisten Menschen sind herzerwärmend und wir sind überglücklich, dass wir unsere Freude endlich mit der Welt teilen können <3

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