Auf anderen Wegen

Berichte von 01/2018

Samstag, 27.01.2018 Das Chaos geht weiter

Was ist der Vorteil, wenn alles schief läuft, was schief laufen kann? Ich habe endlich mal wieder ein bisschen Stoff für meinen Blog. Nach all den ereignislosen Wochen in Rankins Springs doch eine Abwechslung. Nur ein bisschen weniger Drama wünsche ich mir für den Rest der Zeit alleine auf der Farm.

Nachdem sich Safron verletzt hatte, habe ich die Wunde am nächsten Tag morgens versorgt. Es war alles ein bisschen geschwollen, aber nicht übermäßig. Trotzdem wollte ich spät abends nochmal nach dem Bein gucken. Ich bin also abends erstmal zum Haupthaus, habe angefangen Blumen zu gießen und ein paar Sachen zu erledigen, bis mir irgendwann Donner auffiel. Ein Blick zum Himmel: nach Wochen trocken und heiß war ein Gewitter im Anmarsch. Da ich in der Ferne schon Blitze sehen konnte und auch Regen (das sieht man hier wegen der Weite immer schon Stunden vorher) habe ich mich lieber direkt aufs Quad gesetzt um das Bein zu versorgen. Wer will schon bei Gewitter Quad fahren. Also los zum riesigen paddock. Keine Pferde zu sehen. Na ja, no worries. Die sind sicher am anderen Ende des paddocks. 5 Minuten später angekommen. Nope! Ok, irgendwo zwischen den Bäumen (mehr Donner, mehr Blitze, Himmel langsam schwarz). Also auf mit Vollgas Kreuz und quer über den paddock - keine Pferde. Langsam ernsthaft beunruhigt habe ich schonmal die zwei Tore kontrolliert, von denen ich wusste. Alles geschlossen. Hmm ok, zurück zum Hof, Auto geschnappt. Nach einer weiteren Viertel Stunde entlang des Zauns fand ich dann ein offenes Gate. Ich hatte Susan gefragt, bevor ich die Pferde auf diese Koppel gebracht hatte, ob ich irgendwelche Tore kontrollieren muss und sie sagte, dass alle geschlossen sind. Naja, deutliche Hufspuren haben zumindest schonmal die Richtung angezeigt. Da die Farm in die Richtung gut abgegrenzt ist und die Pferde nicht auf die Straße können haben Bill und ich in einem Telefonat beschlossen, dass ich die Pferde am nächsten Tag suche. Inzwischen war der Sturm im vollen Gange. Der Sand wurde so stark aufgewirbelt, dass ich teilweise nicht mal drei Meter weit gucken konnte. Also Tore Richtung Straße verschlossen, zur Sicherheit nochmal kontrolliert ob auch wirklich keine Pferde auf dem highway stehen und das ganze für den Tag abgehakt.

Das war wirklich einer der wenigen Abende, wo ich nichts mehr wollte, als ein entspannendes Bier. Also Roody angeschmissen, der sich eh langsam vernachlässigt fühlt und wir haben uns zusammen die 45 km zum Ort gekämpft. Und Leute, so einen Sturm habe ich noch nie erlebt. Sand überall, dann Starkregen, so dass rot brauner Sand-Matsch auf der Windschutzscheibe gelandet ist, wegen der schlechten Straßenqualität riesige Pfützen auf dem highway. Ich habe nach zehn Kilometern bereut überhaupt losgefahren zu sein, aber wollte dann doch nicht mehr umdrehen. Normalerweise halten solche Stürme hier auch nicht lange an. War auf jeden Fall eine aufregende Fahrt, aber für das Bier hat es sich auf jeden Fall gelohnt!

Am nächsten Morgen war quasi alles überschwemmt. Keine Chance mit dem Quad raus zu fahren um die Pferde zu suchen. Also erstmal Sturmschäden beseitigen, Äste und halbe Bäume vom Hof sammeln. Gegen Mittag bin ich dann losgefahren und habe die Pferde auch gefunden - aber schon von weitem habe ich gesehen, dass Safron lahmt. Das Bein dick angeschwollen, das Aussehen der Wunde beschreibe ich mal lieber nicht genau - für die empfindlichen Gemüter. Es war klar, Salbe reicht nicht und das Pferd muss zurück zum Hof. Ungefähr 6 km Weg, im Schritt. Es hat uns ungefähr 1,5 Stunden gekostet. Ich verbrannt, Safron frustriert weil wir die anderen Pferde zurück gelassen haben. Nun, zum Glück hat hier jeder Hof Antibiotika und ich habe ihr direkt eine Injektion verabreicht. Jetzt steht die Arme alleine in einem kleineren Yard und tut sich selber leid. Und ich hoffe inständig, dass das genug Action für die Zeit alleine hier war!!

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Donnerstag, 25.01.2018 Pferde... A never-ending story

Es sieht einfach so aus als käme ich von Pferden hier in Australien einfach nicht los. Da bin ich also wieder auf einer Getreide-Farm deren Hobby Pferde züchten ist. Fast wie in Pingrup, nur, dass es hier die Frau ist und die Pferde zumindest noch was anderes können als nur geradeaus rennen.

Hier auf der Farm werden Trakehner gezüchtet (sportliche Warmblut-Pferde, für die nicht sachkundigen). Susan, meine Chefin ist im Geschäft jetzt seit 20 Jahren dabei und nimmt die Ausbildung ihrer Pferde sehr ernst. Mein Vorteil ist definitiv, dass ich hier reiterlich noch richtig was lernen kann, da wir meistens zusammen reiten und sie mich korrigiert wenn ihr was auffällt. Es ist schön, mal wieder Pferde zu reiten, die ich versammeln kann und wo ich mich nicht nur wie ein Passagier fühle. Allerdings sind die Pferde die ich hier reite alle im Alter von 3,5-5, also noch sehr jung und die Verantwortung ist dadurch relativ hoch. Meistens reite ich jeden Morgen 2-3 Pferde und erledige danach noch ein paar andere Aufgaben. Momentan ist Kakteen töten hoch im Kurs. Die wachsen hier in diesem Klima sehr gerne und werden von den Kängurus in alle Bereiche der Farm verbreitet. Momentan versuchen wir so viele davon wie möglich zu eliminieren - und ja, das ist so stachelig wie es sich anhört. Langsam habe ich den Dreh raus und berühre die Kakteen nicht mehr mit den Händen, sondern nur noch mit einer Schaufel, aber diese Erfahrung hat mich definitiv viel Zeit mit Pinzette gekostet. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es den armen Pferden ergeht, wenn sie mal aus versehen in einen Kaktus laufen.

Der dritte große Job der mich momentan beschäftigt ist Stöcke einsammeln. Auf den Feldern hier stehen immer einige Bäume und jedes Jahr werden einige davon verbrannt oder gefällt. Übrig bleiben jede Menge Stöcke, Äste und kleine Holz-Stücke die, wenn sie bei der Ernte in die Ernte-Maschine geraten, großen Schaden anrichten können. Also fahre ich momentan jeden Tag für ein paar Stunden mit Quad und Anhänger auf das Feld und sammle Stöcke. Meistens übrigens im Bikini, weil eh keiner vorbei kommt und ich die Zeit zumindest zum bräunen nutzen kann. Ich bin schon wieder so braun, dass mir jeder Aboriginal-Wurzeln unterstellt.

Seit gestern Nachmittag bin ich jetzt für eine Woche alleine auf der Farm. Die Familie ist auf einer Hochzeit in Sydney. Gestern Abend ist mir leider noch ein kleines Drama passiert, dessen Ausmaß wahrscheinlich nur die Pferde-Leute hier nachvollziehen können. Susan hatte mich gebeten, die Pferde die wir normalerweise reiten auf einen anderen paddock zu bringen, wo ein bisschen mehr Futter wächst. Die Pferde kennen es neben dem Quad zu laufen und im Prinzip musste ich nur durch ein Tor, das direkt in den nächsten paddock führte. Allerdings hatte Susan mich gebeten, eins der Pferde bis zur Wasserstelle zu führen, weil der paddock mit 4x5 km ziemlich groß ist und eben nur eine davon hat. Nun, gesagt, getan. Eins der Pferde mit Halfter ausgestattet, die anderen liefen uns brav hinterher. Aber als wir auf den neuen paddock gekommen sind, sind alle Pferde gleichzeitig und so unerwartet losgerannt inklusive bocken und steigen, dass es für die kleine Stute die ich führte auch kein halten mehr gab. Sie hat sich losgerissen und los ging es im Renngalopp. Ich bin tausend Tode gestorben. Hier verwendet man keine Panik-Haken wie in Deutschland, die sich bei einem starken Ruck öffnen, sondern Knoten-Halfter, die solide mit dem Führstrick verbunden sind. Ein Pferd kann sich ohne weiteres das Genick brechen, wenn es im vollen Galopp auf den Strick tritt. Als ich Safron endlich wieder in die Finger gekriegt habe hatte der Strick an den vorderen Beinen schon fiese Verbrennungen verursacht und auch einen tiefen Schnitt. Ich fahre jetzt also zweimal am Tag raus und suche die Pferde auf diesem riesigen paddock und behandle die Verletzungen. Zum Glück scheint es nur oberflächlich zu sein. Aber jeder kann sich wohl den Horror vorstellen, wenn so etwas ausgerechnet passiert wenn die Besitzerin gerade erst weg gefahren ist. Susan hatte allerdings ein mindestens so schlechtes Gewissen wie ich. Drückt mir bitte die Daumen, dass dieses das einzige Drama für diese Woche bleibt.

Hier sind übrigens momentan fast jeden Tag 40-43°, wenn es mal 36° sind fühlt es sich fast kühl an. Allerdings haben wir zumindest sehr trockene Luft, was es deutlich angenehmer als Rankins Springs macht.

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Donnerstag, 11.01.2018 So schön ist das Meer nun auch wieder nicht

Meine Lieben, ich habe Ulladulla verlassen. Die Zustände bei Blake waren einfach sehr chaotisch und zudem hat er immer mehr meine Stunden hinterfragt. Hat mir zum Beispiel eine Liste mit Aufgaben gegeben, die ich bearbeiten sollte während er nicht da war und hat dann diskutiert, ob ich auch wirklich diese Anzahl von Stunden dafür gearbeitet habe. Und das, obwohl ich selbst damit noch nicht mal auf eine halbe Stelle gekommen bin - und er hat mich die 700 km nach Ulladulla geholt mit dem Versprechen, dass es eine Vollzeit-Stelle ist. Dazu eine sehr unangenehme Art einem sehr nah zu kommen, auf die ich hier gar nicht weiter eingehen will. Zu guter Letzt habe ich auch noch eine Mail von meiner Vorgängern gefunden, die sich an die Organisation fair Work gewendet hat, nachdem er sie erstens 5 Wochen nicht bezahlt hatte und zweitens auch ihr eine Vollzeit-Beschäftigung versprochen hatte und es nicht erfüllen konnte. 

Ich habe abends mit ihm dann nochmal über meine Stunden gesprochen und ausgedrückt, dass ich keine 300$ pro Woche Miete zahlen kann, wenn ich nur 500$ verdiene. Erst erklärte er mir dann, dass ich mir keine Sorgen machen soll, weil doch im Zweifel mein Freund für mich zahlen kann. Und als ich ihn aufklärte, dass ich keinen Job 8 Stunden entfernt habe um dann meinen Freund für mich bezahlen zu lassen fing er an zu jammern, dass so viele Leute ihm Geld schulden und er jetzt einfach knapp wird. Außerdem hätte er ja auch seine Enkel die nächsten drei Tage und eigentlich keine Arbeit für mich (ich muss wahrscheinlich nicht erwähnen, dass ich schon eine Woche vorher als die Enkel das erste mal erwähnt wurden gefragt habe, ob das Auswirkung auf meine Arbeitszeiten hat - ne er, keine Sorge!!). Im Endeffekt haben wir uns geeinigt, dass ich frühzeitig abreise. Mit einer Wut im Bauch, kann ich euch sagen. Dieser ganze Trip hat mich mehr Geld gekostet, als ich verdient habe. Ich habe natürlich tolle Sachen gesehen, es war schön am Meer zu sein, ich habe einiges über Marketing und wohltätige Organisationen gelernt. Aber mein Hauptziel war Geld zu verdienen und das habe ich auch im ersten Gespräch direkt gesagt. Es lässt sich nicht ändern, aber durch die ganze Aktion habe ich wieder einen Monat meiner wertvollen verbleibenden Zeit in Australien verloren.

Ich bin also von Ulladulla zurück nach Rankins Springs zu Troy gefahren. Habe eine Anzeige aufgegeben, mich im Pub vorgestellt, aber keiner hatte eine Vollzeit-Stelle verfügbar, jeder will immer nur jemanden für ein paar Stunden. Wir sind über Weihnachten zu Troys Familie gefahren und das war auch wichtig und gut, weil wir ja planen, nächstes Jahr diese Zeit in Neuseeland zu sein. Währenddessen habe ich nach Stellen geguckt und eine Anzeige gefunden. Manager/Koch für ein fine dining restaurant in Rankins Springs. Nun, wir haben einen Pub in Rankins Springs, in dem ich mich vorgestellt hatte und einen General store, der Post Office, fast food takeaway und ein paar Artikel für den Haushalt in sich vereint. Nach kurzem nachfragen beim Besitzer ging es tatsächlich um diesen kleinen Shop. Er wollte mit mir sprechen wenn ich zurück bin. Klang wirklich, als hätte er einen Job für mich und wir kannten uns auch schon. Also natürlich keinen anderen Job angenommen - Rankins Springs ist 26 km von unserer Farm. Näher geht es nicht. Neujahr zurück im Auto. Mail an Phani, den Besitzer, dass ich abends vorbei kommen könnte. Nein, er würde erst abends aus Sydney zurück kommen. Dienstag morgen, weil er auch früh nach Griffith müsste. Ok, Dienstag morgen acht Uhr da - kein Phani, der wäre noch in Sydney. Ok Phani entschuldigte sich, sagte Mittwoch morgen. Mittwoch morgen im Auto, Telefon hatte über Nacht keinen Empfang gehabt. Nach 20 km erstes mal Empfang, Mail von Phani: Sorry, bin noch in Sydney. Wieder ein Tag verloren. Also Mittwoch Abend, diesmal mit einem brodelnden Troy im Auto. Rein in den Shop, Phani war tatsächlich da und erklärte mir, die Stelle im Laden wäre nicht mehr zu haben. Er wolle mit mir über eine Stelle in Griffith sprechen (100 km), wo er gerade ein Büro für visa Beratung eingerichtet hätte und er will mich als Manager. Halbzeit Stelle. Oh man, ich habe einen Tag zur Probe gearbeitet und es handelt sich um ein winziges Büro wo es noch nicht mal Möbel gab. Das Büro war gerade erst eröffnet. Und im Grunde wollte er, dass ich mich verpflichte ihn für unser Partner Visum zu engagieren und mich für Jahre an ihn binde. Die Möglichkeit, das Visum zu bekommen ist natürlich verlockend, aber nachdem ich bei Blake nicht auf die Alarmglocken in meinem Bauch gehört hatte, habe ich mich gegen diesen Job entschieden.

Also eine Bewerbung nach der anderen abgeschickt. Ich werde jetzt am Sonntag zu einem Warmblut-Pferde-Gestüt aufbrechen. Die haben mit meinem Boss aus Western Australia gesprochen und wollten mich unbedingt haben. Ich hoffe so sehr es ist nicht nochmal ein Reinfall. In gut drei Monaten läuft mein Visum aus und ich muss einfach so viel Geld ansparen wie möglich, wenn es eine Zukunft für Troy und mich geben soll.

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