Auf anderen Wegen

Berichte von 04/2017

Freitag, 21.04.2017 Schreck beim Rennen

Dass Rennsport nicht der gesündeste aller Pferde-Sportarten ist, war mir natürlich immer klar. Die Pferde werden mit 1,5 Jahren angeritten, wenn sie noch mitten im Wachstum sind und werden teilweise noch, bevor sie zwei Jahre alt sind in Rennen gestartet. Ackys Pferde werden erst mit zwei angeritten, aber immer noch ist die Belastung für Knochen und Gelenke für die Youngsters enorm. Das war immer der Hauptgrund, dass ich mir eine Zukunft im Renngeschäft für mich nicht vorstellen kann. 

Letzten Sonntag hatten wir zwei Pferde am Start, Jetson Express und Galinba Blast. Jetson ist ein kleiner Spezialfall. Immer ein bisschen steif, immer mal ein Gelenk dick - aber eins von Ackys besten Pferden. Schon in der Woche vor dem großen Albany Cup muss er sich auf dem paddock vertreten haben und hatte ein dickes Vorderbein, was uns Sorgen machte. Es wurde also geschmiert, gewickelt, gekuschelt und er wurde soweit möglich geschont - aber Acky wollte ihn in dem Rennen laufen lassen. Es war schon ungewöhnlich, dass er morgens nicht auf den Hänger wollte (normalerweise geht er alleine). Beim Rennen angekommen, wollte er das Bull bit nicht ins Maul nehmen, ein Gebiss, dass die Pferde aus Sicherheitsgründen tragen müssen, wenn sie auf der Rennanlage geführt werden. Er wirkte allgemein nicht so zufrieden wie sonst bei einem Rennen. Aber mit Katastrophen habe ich nicht gerechnet. Das Pferd wurde also zum Start vorbereitet, startete in einer sehr guten Position und fiel nach kurzer Zeit schon stark zurück und ging als letzter durchs Ziel. Unglücklich, aber passiert. Acky und ich sind also Richtung Führplatz, wo die Pferde in Empfang genommen werden nach dem Rennen. Doch dann kam die Durchsage: Jetson Express ist gestürzt. Wir sind sofort losgerannt. Über den Platz, auf die Rennbahn. Dort stand der Jockey neben dem Pferd und Jodi, die eines der Begleitpferde der Rennbahn reitet hatte Jetson am Zügel. Sie rief Acky schon von weitem zu, er solle den Hänger auf die Rennbahn holen. Ich bin alleine weiter gegangen um ihr das Pferd abzunehmen. Sie kennt Ackys Pferde, sie arbeitet für einen Trainer, der sie trainiert, wenn Acky kein “horse girl“ hat. Als ich ankam weinte sie und ich schnappte ein paar Sätze auf, die sie ins Funkgerät sagte “Joint...broken or tendon“. Daraufhin habe ich mir die Beine angeguckt. Das vordere Fesselgelenk hat, wenn das Pferd belastet hat den Boden berührt. Ich kann euch nicht sagen, wie schlecht mir bei dem Anblick geworden ist. Offensichtlich hat der Jockey schon nach 300 m gemerkt, dass was nicht stimmt, aber er konnte Jetson nicht stoppen. Er ist die vollen 2200 m damit galoppiert. Es dauerte nicht lange, bis der Tierarzt angefahren kam und mir das Pferd abnahm. Da konnte ich auch meine Tränen nicht mehr stoppen. Besonders, als davon gesprochen wurde, ihn auf den Hänger zu verladen und zu erschießen. Zum Glück hat man sich dann aber doch dagegen entschieden. Wir haben ihn schweren Herzens in Albany bei Jodi gelassen. Blast hat sein Rennen übrigens gewonnen. Mit Abstand. Fortuna ist manchmal grausam sarkastisch.

Der Tierarzt kam am nächsten Tag zu Jetson. Zumindest ist das Gelenk nicht gebrochen, aber offensichtlich sind alle Sehnen und Bänder gerissen, die es stabilisieren. Die optimistische Prognose ist, das Bein ein paar Wochen bandagiert zu lassen und ihm dann ein Leben auf dem Paddock in der Herde zu gönnen. Ich bin angesichts der Verletzung etwas pessimistischer, aber Jetson ist wieder Zuhause, freut sich über jede Streicheleinheit und hätte ein Leben in Ruhe auf dem paddock sicher verdient. Auch wenn es für mich als Freizeitreiter mehr als tragisch ist, dass ein 7 Jahre altes Pferd für immer eingeschränkt sein wird, wegen des Ehrgeizes der Menschen!

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Mittwoch, 05.04.2017 Herbst in Pingrup

Ach meine Lieben, es ist schon komisch. Während es bei uns langsam kälter und unbeständiger wird, kommt bei euch der wohlverdiente Frühling an. Der ganze südliche Westen Australiens ist mit den Vorbereitungen für das sähen beschäftigt. Dazu gehört unter anderem, die Überbleibsel der Pflanzen von letztem Jahr abzubrennen. Was vor ein paar Wochen noch einen Grossbrand ausgelöst hätte, ist jetzt ohne Risiko möglich. Wenn man nachts durch die Felder fährt, sieht man überall kleine schwelende Feuer und die Sonnenuntergänge wirken mit dem roten Licht gemischt mit dem Rauch richtig mystisch. Der Geruch erinnert mich sehr an die Lagerfeuer auf den Mittelalter-Märkten und macht mich immer ein bisschen wehmütig. Als typische Deutsche wollte ich natürlich Brotteig vorbereiten und über einem der Feuer Stockbrot backen, aber die Feuer sind leider zu klein und haben nicht genug Hitze. Wir haben inzwischen auch unseren Kamin im blauen Haus in Betrieb genommen und genießen das Geknister fast jeden Abend.

Während Troy immer noch vergeblich darauf wartet, dass endlich die arbeitsreiche Seeding-Zeit anfängt, genieße ich es in vollen Zügen, alleine für die Pferde zuständig zu sein. Wenn es morgens noch kühl ist, fühlt es sich fast so an wie ein deutscher Frühlingsmorgen und ich kann es auch nach all den Monaten nicht fassen, dass ich für diesen Job bezahlt werde. Gerade heute bin ich wieder in Begleitung des Farmhundes und ein paar Kängurus über die Felder geritten, wo langsam wieder die Blumen erblühen nach dem Regen von letzter Woche und ich hätte die Welt einfach umarmen können. Nachdem es mit meiner Kollegin damals ja manchmal sowohl mit den Pferden als auch im Haus ein paar Meinungsverschiedenheiten gab, ist es eine große Erleichterung, alle Dinge die Pferde betreffend einfach selbst entscheiden zu können. Und Acky hat volles Vertrauen zu mir und lässt mir weitestgehend freie Hand.

Da unser geliebter Acky sehr viele Vorzüge hat, aber auch sehr wankelmütig in seinen Entscheidungen ist, haben Troy und ich dieses Wochenende nochmal einen letztes-freies-Wochenende-vor-seeding-Trip. Mal sehen wie viele noch folgen, da Acky teilweise innerhalb einer Stunde dreimal unterschiedliche mögliche Daten für den Start nennt. Wir verzeihen ihm das natürlich gerne und nutzen die Gelegenheit, dieses Wochenende nochmal ins vier Stunden entfernte Perth zu fahren.

Übrigens steht der östliche Teil Australiens grade komplett unter Wasser. Ich sehe mich also als sehr glücklich, dass ich keinen der Jobs in Queensland angenommen habe. Ein Orkan hat dort Millionenschäden angerichtet und nicht nur unzählige Orte überflutet, sondern auch Krokodile in Bereiche geschwemmt, wo sie sonst nicht heimisch sind. 

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