Auf anderen Wegen

Freitag, 02.07.2021 Julian ist da!

Nach neun Monaten warten und planen und jeder Menge Vorbereitung hatte Julian am 10. Juni seinen Auftritt und beherrscht seitdem unseren Alltag. Wer mich gut kennt weiß, dass ich nie einer dieser Baby-Menschen war, der beim Anblick eines kleinen Wurms in Verzückung gerät und ehrlich gesagt habe ich mir die ganze Schwangerschaft über Sorgen gemacht, ob Hormone tatsächlich etwas an diesem Charakterzug ändern können. Ich erzähle euch ein bißchen von der Geburt. Wer also nichts davon wissen möchte hat jetzt die Gelegenheit, weg zu gucken!

So ging es los: am 9.6. bin ich morgens schon unfassbar gereizt aufgewacht. Der Hund hat mich genervt, der Mann hat mich genervt, das Wetter... Eigentlich war ich die ganze Schwangerschaft über sehr friedlich und mir blieben die Stimmungsschwankungen von denen alle immer sprechen zum Glück erspart. Aber an dem Tag konnte man mich vergessen. Ich habe auch eigentlich die Schwangerschaft über zu 98 % bewusst und gesund gegessen und habe an besagtem Tag Troy überredet mir von unserem Lieblingslokal Fritten mit Soße zu holen, an denen wir so viel gegessen haben, dass uns hinterher schlecht war. Es war ein stürmischer Tag und Troy musste um 3 Uhr nachmittags zur Arbeit. Ich war nie besonders anhänglich in den letzten Monaten, aber an diesem Tag habe ich ihn gebeten, ob er nicht zuhause bleiben kann, damit wir beim Sturm zusammen ein paar Filme gucken können. Im Scherz versteht sich. 

Naja, auf der Hunderunde hat Julian mich immer wieder in diese empfindliche Stelle getreten - das ist richtig durch den ganzen Unterleib gezogen und ich musste teilweise sogar anhalten. Bei ein paar Youtube Dokus am frühen Abend im Bett musste ich mehrfach die Position wechseln, weil dieser komische Schmerz immer wieder kam. Da habe ich dann das erste Mal meine persönliche Ratgeberin Zuhause gefragt, ob das vielleicht Wehen sein könnten. Aber wer kann einem das schon beantworten. Da ich den Schmerz aber gut aushalten konnte und es auch nicht besonders regelmäßig kam, habe ich versucht mich zu entspannen. Irgendwann schrieb Troy mir, dass er wohl bald nachhause kommen würde, da es zu stürmisch wurde um zu arbeiten. Ein bisschen erleichtert war ich schon, aber ich dachte immer noch nicht, dass tatsächlich etwas passieren würde. So war er statt um 3 Uhr morgens schon um zehn Uhr abends Zuhause und wir haben ein bisschen gequatscht und uns ins Bett gekuschelt - wo kurze Zeit später die Fruchtblase geplatzt ist. Ich kann euch gar nicht sagen, wie perfekt das Timing war. Troy Zuhause, es war noch früh genug um unsere sensationelle Hundebetreuung anzurufen, die innerhalb kürzester Zeit Lily abgeholt hat. Alle Faktoren über die ich mir Gedanken gemacht hatte waren plötzlich hinfällig. Währenddessen verfiel Troy in Aktionismus und packte Sachen ins Auto und ich stand wie ein Reh im Scheinwerferlicht im Haus und habe versucht einen klaren Gedanken zu fassen. 

Wir hatten eigentlich gehofft die Nacht noch Zuhause verbringen zu können, aber nach einem kurzen Telefonat mit meiner Hebamme war klar, dass wir ins Krankenhaus müssen. Ich hatte vor Wochen einen Tag, wo ich Julian weniger gespürt hatte und aufgrund dessen sollte ich aufgenommen und das Kind überwacht werden. Um elf Uhr nachts waren wir also statt Zuhause im gemütlichen Bett im Krankenhaus und warteten darauf, dass es richtig losgeht. Leider hat mein Körper sich dann doch viel Zeit gelassen und am nächsten Morgen wurde entschieden, die Geburt medikamentös einzuleiten. Mein ursprünglicher Plan war gewesen, alles ganz natürlich passieren zu lassen, aber im Leben läuft wohl alles anders als man denkt. Mir wurde also ein Wehentropf verabreicht, auf den mein Körper schon bei der geringsten Dosis massiver reagiert hat und ich habe ziemlich schnell klein bei gegeben und um eine PDA gebeten. Danach war mein Leben einfach wunderbar, Troy ist nochmal schnell nach Hause gefahren um ein paar Dinge zu holen, ich hatte permanent eine Hebamme und eine Schülerin bei mir die mich unterhalten haben und meine Zuversicht wuchs. Wenn mir nur nicht so kalt gewesen wäre... ich fragte nach einer zusätzlichen Decke, dann noch einer Decke und schickte Troy immer wieder los um meine Wärmflasche aufzufüllen. Irgendwann wurde meine Temperatur gemessen und ich hatte 38.8° Fieber. Es wurde also beschlossen Antibiotika zu verabreichen. Beim nächsten Mal messen war die Temperatur auf 39.5 angestiegen und Julians Herzfrequenz wurde höher. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe die Hektik die langsam aufkam nicht richtig realisiert. Der Arzt erschien, es wurden weitere Antibiotika verabreicht. Temperatur stieg weiter. Mir war kalt. Troy wurde zunehmend unruhig. Ein zweiter Zugang wurde gelegt - Antibiotika parallel in beide Venen. Meine Decken wurden geklaut, ich musste Eiswasser trinken. Kalt. 

Irgendwann wurde das ok gegeben, dass ich pressen darf - allerdings war klar, dass es jetzt doch einigermaßen schnell gehen muss, da Julians Herzfrequenz weiterhin viel zu schnell war. Um die Dinge zu beschleunigen hat mein Arzt dann auch ein bißchen nachgeholfen und um 21:33 wurde mir ein schreiendes kleines Bündel auf die Brust gelegt. Wir beide haben es gut überstanden. Ganz so entspannt wie ich mir dieses erste Kennenlernen gewünscht hätte war es leider nicht weil wir beide noch einiges an Überwachung und Aufmerksamkeit nötig hatten. Aber ich kann bestätigen, dass Hormone zaubern können - denn mein Sohn ist das süßeste und hübscheste Baby, das je geboren wurde. 😉 ich ertappe mich auch jetzt 3 Wochen später regelmäßig dabei, wie ich ihm völlig selbstverloren und verliebt betrachte. Trotz aller Schwierigkeiten sind wir um einen Kaiserschnitt herum gekommen und genießen jetzt das Leben zu dritt. Troy ist im Super Dad Mode und liest uns beiden unsere Wünsche von den Augen ab und Julian überrascht bei jedem Nachsorge-Termin mit seinem überdurchschnittlichen Wachstum. Viele Grüße von Wolke 7 an euch alle ❤

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Montag, 17.05.2021 Mutterschutz und Baby Party

Kaum zu glauben, aber die ersten 2 Wochen meines Mutterschutzes sind schon um. Hilfe, ich kann gar nicht glauben, wie die Zeit vergeht! Die letzten Wochen Arbeit waren ehrlich gesagt schon sozusagen halb frei. Meine home office Tage waren ja schon die ganze Zeit sehr überschaubar, was die Arbeitsanfragen anging (generell hatte ich das laptop für 8 Stunden laufen und habe davon vielleicht eine Stunde tatsächlich gearbeitet), aber in den letzten 2-3 Wochen durfte ich auch an den anderen Tagen meistens schon gegen Mittag nach Hause gehen, wenn ich meine Aufgaben im Büro erledigt hatte. Anderenfalls wäre es aber auch wirklich schwierig gewesen, die letzten Wochen durchzustehen, denn obwohl ich mich wirklich glücklich schätzen kann was meine Schwangerschaft angeht, hat mir mein Rücken zunehmend Probleme gemacht, sobald ich mehr als 30 Minuten gesessen habe. Und da ich ja schon allein eine Stunde Autofahrt nach Portland hatte, könnt ihr euch sicher denken, wie angenehm das nach weiteren 4 Stunden im Büro war. An meinem letzten Tag haben meine Kollegen eine Torte organisiert und es gab auch eine Kiste mit kleinen Geschenken für unseren Sohn. Julian ist das erste Baby, das auf beiden Seiten C3-Eltern hat. Ich bin fast überrascht, dass er keine Uniform geschenkt bekommen hat ;-) 

Das erste Wochenende meines Mutterschutzes war dann auch ganz schön turbulent. Samstags sind wir nachmittags nochmal Richtung Portland gefahren, weil wir in der Dämmerung ein Fotoshooting am Strand gebucht hatten. Lily mit im Gepäck, ein paar Kleider und Troy hatte natürlich seinen Metalldetektor dabei. Es war leider ein eher grauer Tag, aber wenigstens einigermaßen warm. Der Strand, den wir für das Shooting ausgesucht hatten, liegt etwas außerhalb von Portland ganz malerisch in einer kleinen Bucht. Die Treppen runter zum Strand hatte ich ehrlich gesagt ein bisschen unterschätzt und habe ganz schön gekeucht, als ich nochmal zum Parkplatz hoch laufen musste, weil ich etwas im Auto vergessen hatte. Lily fand das alles natürlich unfassbar spannend und konnte gar nicht genug davon bekommen, wie eine verrückte hin und her zu wetzen und sich in den Sand zu werfen. 

Die Fotografin kam kurz nach uns an und hat einige Bilder von uns als Familie (Troy, Lily und ich) gemacht und dann wurden Troy und Lily entlassen und wir haben unzählige Bilder im Wasser, auf den Felsen und im Sand gemacht. Zum Glück war es ganz untypisch windstill, sonst wäre es sicherlich ganz schön kalt geworden. Die Bilder habe ich leider bisher noch nicht, aber ich werde euch teilhaben lassen, wenn es soweit ist. 

Für meine Verhältnisse war es schon ganz schön spät, als wir uns zurück auf den Heimweg gemacht haben und ich war ehrlich gesagt ganz schön erschlagen. An solchen Tagen merke ich dann doch, dass meine Belastbarkeit unter der Schwangerschaft leidet. Zuhause bin ich halb tot ins Bett gefallen und war auch am nächsten Tag noch richtig gerädert. Zum Glück wusste ich ja, dass ich das restliche Wochenende ganz entspannt angehen kann (dachte ich...).

Der erste Sonntag meines Mutterschutzes war richtig sonnig und warm und Troy hat schon morgens vorgeschlagen, mit dem Hund in einen Ort 20 Minuten entfernt zu fahren und dort am Bach spazieren zu gehen. Das machen wir relativ oft und obwohl ich noch richtig müde von der vorhergehenden Woche war, habe ich zugestimmt und wir sind vormittags losgezogen. Es war fast schön anstrengend, kann ich euch sagen und ich habe schon lange nicht mehr so viel Zeit für diese Strecke gebraucht. Troy war aber total lieb und hat mich immer wieder dazu animiert, auch mal kleine Pausen zu machen. (Da hätte mir wahrscheinlich schon der erste Verdacht kommen können). Auf dem Heimweg hat er eine "Abkürzung" genommen - und ich hätte schwören können, dass dieser komische Weg länger gedauert hat. Aber auch darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich habe nur immer wieder erwähnt, dass ich mich richtig drauf freue, gleich die Füße hoch zu legen und für den Rest des Tages nichts mehr zu machen. Als wir in unserer Straße angekommen sind, sah ich ein fremdes Auto in unsere Einfahrt einbiegen. Da habe ich mich fast geärgert. Verdammte Aussies - immer kommen die unangemeldet vorbei!! Aber Troy sagte direkt "Ach, das ist Trev, der wollte nur schnell was abholen." Na gut, dann wollte ich mal nicht so sein. Kurz bevor wir an unserer Einfahrt waren, hat Troy mir eine Augenbinde gegeben und meinte, er hätte eine kleine Überraschung für mich. Oha, was kann das denn sein. Und dann kam es: als er mich auf unsere Veranda führte und mir sagte, ich könnte die Binde jetzt abnehmen, wurde ich von einem vielstimmigen "SURPRISE!!!" begrüßt und unsere ganze Veranda war gefüllt mit Menschen. Der Tisch war voller Essen. Unsere beiden Weinfässer quollen über von Geschenken. Sogar ein paar Spiele waren aufgebaut. Und überall Menschen. Ich sage euch ganz ehrlich, ich habe erstmal einen Moment gebraucht, um zu realisieren, was die ganzen blauen Luftballons und all die Menschen zu bedeuten haben, als ich da staubig in meiner ältesten Leggins und fleckigem Shirt auf der Veranda stand - aber dann habe ich mich riesig gefreut! Ein paar Wochen vorher hatte eine Freundin von uns ihre Baby Party und da habe ich doch fast ein bißchen bereut, dass ich nichts dergleichen geplant hatte. Dabei war von Troy und unseren Freunden die Planung zu dem Zeitpunkt schon in vollem Gange! Ich hätte nie gedacht, dass auf dieser Seite der Welt so viele Menschen Interesse daran hätten, mein Baby zu feiern. Abgesehen von dieser tollen Überraschung und all den Geschenken ist mir an dem Tag klar geworden, dass ich hier viele viele Menschen habe, die mich gerne unterstützen werden und der Satz "wir helfen dir, du musst nur fragen" ist an diesem Tag sehr oft gefallen!

Nach ein paar Stunden war der Spuk vorbei. Troy's Tanten haben sogar meine Küche blitzblank hinterlassen und abgesehen von jeder Menge übriggebliebenem Essen im Kühlschrank hätte man fast meinen können, die Party war nur ein verrückter Traum gewesen. Vom ganzen Lachen waren meine Gesichtsmuskeln richtig müde und ich bin ganz platt aufs Sofa gefallen. Nur noch eine kleine Hunderunde und dann würde ich aber wirklich die Füße für heute hoch legen - dachte ich. Also habe ich mich aus dem Kleid, das ich vorher angezogen hatte, geschält und die staubigen Sachen vom Hundespaziergang morgens wieder angezogen. Und als ich grade gehen wollte hielt Troy mich auf und sagte "Ich habe noch eine Überraschung" ... ... was??? Er führte mich in das Kinderzimmer und (viele von euch wissen es ja schon) auf einem großen Tablet war eine Zoom-Konferenz mit 18 Leuten aus Deutschland. Freunde und Familie, die Sonntag morgens ihrer Zeit extra bereit saßen, damit auch sie an diesem Tag Anteil haben konnten. Jeder hatte eine Karte mit Wünschen für uns aufgeschrieben und diese Wünsche vorgelesen. Viele hatten Geschenke vorab an Troy geschickt, die mir dann von ihm überreicht wurden. Und ich war einfach sprachlos. Im positivsten Sinne. Einige Freunde aus allen Ecken Australiens hatten auch Karten und Geschenke geschickt und bedauert, dass sie nicht bei der Party dabei sein konnten. Bis heute bin ich fassungslos, wieviel Liebe uns und unserem Sohn buchstäblich auf der ganzen Welt entgegen gebracht wird. Während ich das schreibe, habe ich Tränen des Glücks in den Augen. Mein Herz ist an diesem Wochenende übergelaufen und tropft auch heute noch. 

Dieses legendäre Wochenende ist jetzt 2 Wochen her. Ich habe noch 4 Wochen bis zu meinem errechneten Termin und bisher verhält sich Julian vorbildlich. Lily und ich gehen jeden Tag auf ausgedehnte Spaziergänge - manchmal wundert sie sich, warum ich so langsam laufe, aber meistens kann ich noch gut mithalten. Troy ist weiterhin auf Nachtschicht und wir genießen es, dass wir uns jetzt wenigstens vormittags sehen, bevor er um 15 Uhr zur Arbeit muss. Ich habe Unmengen Brot gebacken und eingefroren - das ist wohl meine Art von Nestbau - und all die Babysachen von der Party gewaschen und sortiert. Und ich genieße jede Minute Ruhe, in dem Wissen, dass die Ruhe jeden Tag vorbei sein könnte. Ich habe keine Ahnung, wo die letzten 8 Monate hin sind, aber wir sind bereit fürs nächste Kapitel - mit dem Sicherheitsnetz unserer Freunde und Familie <3

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Donnerstag, 01.04.2021 Die Kugel wird rund

In den letzten Wochen war irgendwie nicht der richtige Zeitpunkt, um über mein Leben zu schreiben. Wenn Zuhause etwas trauriges passiert, fällt es mir immer doppelt und dreifach schwer, so weit weg zu sein. Troy und ich haben uns in den letzten Wochen viel Zeit genommen, uns darauf zu besinnen, was für ein Glück wir bisher in meiner Schwangerschaft haben und unser kleiner Sohn gibt sich zunehmend Mühe, sich seinen Weg in die Welt frei zu treten. Einerseits sind wir bereit für den nächsten Schritt, auf der anderen Seite haben wir beide aber auch das Gefühl, dass wir durchaus noch ein paar Monate unsere geliebte Freiheit genießen könnten, bevor unser Leben unwiderruflich auf den Kopf gestellt wird. 

Ich bin inzwischen in der 30. Woche und ich frage mich eigentlich fast täglich, wo die Zeit denn nur hin ist. Ich glaube dadurch, dass ich weiterhin viel gearbeitet habe, kam mir zwar der ein oder andere Tag unglaublich lang vor, aber im großen und ganzen sind die Wochen nur so dahin geflogen. Ich bin inzwischen in Portland in unserer Haupt-Niederlassung im Büro eingesetzt. Das hat den großen Vorteil einer sauberen Küche, Toilette und Klimaanlage - nur leider gibt es in Portland kaum etwas für mich zu tun und meistens arbeite ich etwa 1-2 Stunden und sitze die restlichen 6 Stunden meine Zeit ab. Das ist doppelt ärgerlich, da Portland fast 100 km von Hamilton entfernt ist und meine Firma sich weiterhin weigert, mir die Zeit oder das Benzin zu bezahlen. Es ist vorgekommen, dass ich 1 Stunde hin fahre, 20 Minuten arbeite und dann Däumchen drehe, bis endlich vier Uhr ist - und solche Tage sind einfach viel anstrengender, als solche vollgepackt mit Aufgaben. 

Als kleiner Kompromiss wurde mir inzwischen gestattet, zwei Tage pro Woche im home office zu arbeiten.  Ich dachte erst, vielleicht lassen sich meine Kollegen dann was einfallen, um mich doch richtig zu beschäftigen, aber tatsächlich war es an den ersten beiden Tagen so, dass ich das Laptop den ganzen Tag aufgeklappt und bereit hatte, aber einfach keiner etwas für mich zu tun hatte. Ein komisches Gefühl, aber wenigstens konnte ich dann in Ruhe meine Übungen machen, zwischendurch mal in den Garten und ein bißchen Haushalt erledigen und habe mir die Anfahrt gespart. Hund und Hühner sind außerdem auch ganz begeistert davon, dass fast immer jemand Zuhause ist. 

Das Krankheitssystem hier in Australien ist anders, als in Deutschland. Pro Monat erarbeitet man sich Kranktage, die sich im Optimalfall über die Jahre ansammeln. Nachdem diese Tage aufgebraucht sind, kann man Urlaubstage nehmen und danach dann eben unbezahlten Urlaub. Da tatsächlich langsam mein Rücken schlapp macht bin ich also diese Woche zuhause geblieben und habe jetzt noch 4 Tage übrig, die ich innerhalb der nächsten Wochen noch nehmen kann, wenn ich mich danach fühle. Der Mutterschutz ist auch hier bei uns 6 Wochen, allerdings unbezahlt. Ich werde also nach Ostern noch 4 Wochen arbeiten und dann meinen angesparten Urlaub auf halber Bezahlung nehmen. Wenn der Kleine sich dann zu uns gesellt, bekomme ich 12 Wochen von meiner Firma bezahlt (ein Bonus das im Vertrag geregelt ist) und 18 Wochen auf Mindestlohn vom australischen Staat. Insgesamt werde ich aber die Möglichkeit haben, 2 Jahre Zuhause zu bleiben, was ich auch nutzen möchte. Wir haben hier schließlich niemanden, dem ich meinen Sohn zur Betreuung geben könnte und solange es finanziell für uns möglich ist, werde ich die Zeit mit Kind sicherlich genießen. Und ein paar Monate zuhause in Deutschland sind natürlich auch fest eingeplant, sobald das wieder möglich ist. 

Während ich auf Deutschland immer mehr Frühlingsbilder geschickt bekomme, zieht bei uns der Herbst ein. Die europäischen Bäume in unserem Garten verlieren ihre Blätter (die australischen werden nicht rot, sondern fallen einfach das ganze Jahr über ab), die Tage werden kürzer und eine ausgewachsene Mäuseplage ist in Hamilton eingezogen. Es scheint zwar fast, als würde dem Sommer erst jetzt einfallen, dass er uns hier im Süden ganz vergessen hatte und er schickt nochmal schnell ein paar +30° Tage zu uns, aber die Zeichen des Herbstes lassen sich nicht übersehen. Bezüglich der Mäuse hatten wir übrigens eigentlich gehofft, dass unser Hund sich als nützlich erweisen würde, aber offensichtlich füttern wir zu viel, denn selbst wenn eine Maus an ihrer Nase vorbei läuft, zeigt sie wenig Interesse. Jeden Herbst ärgere ich mich über die australische Bausubstanz, die es Mäusen so viel einfacher macht es sich im Haus bequem zu machen. 

Dieses Wochenende fahren wir sozusagen noch ein letztes Mal weg. Wir haben hin und her überlegt, wo es hingehen soll und haben uns jetzt entschieden, nach Adelaide zu fahren. Für mich ist das auch ein bißchen nostalgisch, weil ich ja damals vor fast fünf Jahren meinen ersten Job in der Nähe von Adelaide hatte. Ich kann nur nochmal sagen, Wahnsinn wie die Zeit vergangen ist. Wir werden 2 Nächte dort verbringen und einen der beiden Tage nach Hahndorf fahren. Falls ihr euch erinnert, das ist eine deutsche Siedlung in der Nähe von Adelaide, die inzwischen ein Touristenmagnet ist wegen ihrer deutschen Geschäfte und Restaurants. Okay, hier in Australien denkt man, ganz Deutschland trägt Lederhosen und isst Schweinshaxen, aber die Atmosphäre dort ist auf jeden Fall einen Besuch wert - und ein deutsches Restaurant dort verdient sich tatsächlich diese Bezeichnung. 

6 Stunden Fahrt für ein Wochenende, das würde man wahrscheinlich in Deutschland niemals machen, aber wir freuen uns auf den Trip und darauf, nochmal was anderes zu sehen 🍀

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Donnerstag, 18.02.2021 Land der WĂźnsche

Etwas verspätet ist hier seit ein paar Tagen das doch noch der berüchtigte australische Sommer ausgebrochen und ich sitze mit Hund vor der Klimaanlage, während wir beide sämtliche Gliedmaßen weit von uns strecken. Die letzten Tage waren es über 35°C und morgen soll es laut Wetterbericht noch mal eine ganze Ecke heißer werden. 

Sanne ist inzwischen schon seit fast 3 Wochen ausgezogen und auch, wenn wir ihre Gesellschaft natürlich vermissen, sind wir froh uns hier ganz ausbreiten zu können und das Haus wieder für uns zu haben. Lily vermisst ihre holländische Freundin natürlich schmerzlich, hat sich aber schnell an den neuen Rhythmus gewöhnt. Wir haben inzwischen unser 8000m² großes Grundstück mit einem elektrischen Zaun eingezäunt, sodass sie unseren ganzen Garten nutzen kann, wenn sie alleine zuhause ist. Ob die Hühner von dieser neuen Regelung so begeistert sind, lassen wir mal so dahin gestellt (sie verbringen wohl deutlich mehr Zeit bei den Nachbarn), aber Lily genießt ihr neues Revier in vollen Zügen. Nur den Knochen, die sie irgendwo auf der anderen Seite des Zauns in unbeobachteten Momenten gut versteckt hat, trauert sie sicherlich ein bisschen nach. Momentan arbeitet Troy auf Nachtschicht und ist daher bis nachmittags zuhause und ich arbeite inzwischen in Portland im Büro unseres Betriebes und fahre morgens ganz früh los. Lily hat also die absolute Luxus-Betreuung. Morgens um halb fünf geht sie mit mir die erste Runde unter klarem Sternenhimmel und während ich mich hektisch für die Arbeit sortiere, steht sie schon vor der Schlafzimmertür und wartet ungeduldig darauf, dass sie wieder schlafen gehen kann. Die Sommernächte hier sind übrigens ein einziger Sommernachtstraum. Heute morgen konnte ich mich an Anblick der Milchstraße überhaupt nicht satt sehen und die Chance, ein paar Sternschnuppen zu sehen liegt sehr hoch. Heute morgen waren es direkt zwei. Australien, das Land der Wünsche! Auf der Fahrt nach Portland werde ich zusätzlich fast immer mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang beschenkt - ob die rote Farbe daran liegt, dass ich aufs Meer zu fahre, weiß ich nicht genau, aber auch das ist ein Anblick, der mir nie langweilig werden wird!

Mein Bauch wächst und gedeiht und unser Sohn hat jetzt schon die Angewohnheit, zur Schlafenszeit besonders aktiv zu werden. Vor ein paar Tagen hat Troy das erste Mal die Tritte auch von außen gespürt. Für mich wie ein Gewitter hat er eher zarte Schmetterlingsflügel gespürt, aber der Effekt war nicht minder einschlagend. Für uns beide wird es von Tag zu Tag realer, dass sich unser Leben bald für immer ändern wird. 

Hier in Australien ist kürzlich zum ersten Mal die britische Version des Corona Virus angekommen. Die Panik seitens der Regierung war direkt groß - und obwohl sich die Zahlen auf Melbourne beschränkt haben und auch dort nur 18 Fälle aufgetreten sind, wurde direkt der ganze Bundesstaat wieder in einen vollen lockdown verbannt. Alle Geschäfte außer Supermärkten wurden für 5 Tage geschlossen und wir durften wieder nur für notwendige Dinge das Haus verlassen - und wenn dann nur mit Maske. Zum Glück wurde dieser Wahnsinn schnell wieder gelockert, denn in dieser Hitze ist das Tragen einer Maske kaum auszuhalten. Leider wurden auch aufgrund dieser Vorfälle die Einreisebestimmungen erneut verstärkt, was ein baldiges Reisen zwischen Deutschland und Australien wieder ein bißchen weiter in die Ferne gerückt hat. Die Impfungen sind hier bisher noch nicht so richtig angekommen, was aber angesichts der Zahlen meines Erachtens auch angemessen so ist. Es wäre schön, bald sowohl in Deutschland als auch in Australien einen Lichtblick zu sehen - das wünsche ich mir jeden Tag von den Sternschnuppen <3

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Sonntag, 24.01.2021 Halbzeit

Ich kann es kaum fassen, aber morgen (Montag) hat meine Schwangerschaft schon Halbzeit. Wo ist denn bitte die Zeit geblieben? Es kommt mir vor, als wären die letzten Monate nur so vor sich hin geflogen. Das liegt sicherlich unter anderem daran, dass Weihnachten und Neujahr in dieser Zeit lag und ich weiterhin Vollzeit arbeite. Zwar waren die Feiertage bei uns dieses Jahr relativ ruhig, aber ein paar besondere Tage haben wir uns dennoch geschaffen. Während hier ja der 25.12. der besondere Tag ist, haben Troy und ich mit Sanne, unsere holländischen Mitbewohnerin ein klassisches deutsches Raclette am 24. veranstaltet. Es war tatsächlich mit 20°C ein relativ kühler Tag und nachdem wir dann alle Vorhänge zugezogen hatten, Kerzen und Lichterketten angemacht und eine internationale Weihnachtsplaylist abgespielt haben, kann tatsächlich Weihnachtsstimmung auf. Sanne und ich hatten den Morgen damit verbracht, deutsche und holländische Lieder aus unserer Kindheit zusammen zu suchen und englische Lieder gibt es natürlich sowieso zu Hauf. Nachdem wir fast fertig waren mit Raclette kamen noch unser geliebten Nachbarn Peter und Lorraine mit einer Ladung Geschenke vorbei. Lily war am Meisten verwöhnt mit Spielzeugen und Leckereien, aber sie haben auch für jedes Huhn ein kleines Päckchen mit Namen beschriftet und eine handvoll Futter darin verpackt. Auch für unseren kleinen Bauchzwerg war was dabei. Alles in allem ein richtig runder Heiligabend. Am zweiten Weihnachtstag kam Troy's Mutter zu Besuch und wir haben uns mit ihr ein paar schöne Tage gemacht. Die Feiertage gingen wirklich schnell rum.

Zwischen den Feiertagen hat noch eine liebe Freundin von mir geheiratet. Leider leider macht Corona es momentan allen so schwer und es konnte nur eine kleine Feier sein, aber wenigstens konnte ich an eine Skype Konferenz daran teilnehmen und virtuell Zeuge sein. Für mich bedeuten diese Feierlichkeiten dann zwar immer eine kurze Nacht, aber das ist es mir wert <3 auch ein Junggesellenabschied und eine zweite Hochzeit gab es noch im neuen Jahr und auch das online per Zoom Konferenz. Meine Lieben, es war schön zumindest virtuell da sein zu können <3

Für mich das berührendste Ereignis kam am 11.1.21, als meine kleine Schwester mich zur Tante gemacht hat. Meine kleine Nichte Emma hat es spannend für uns gehalten und ich wurde den ganzen Tag auf der Arbeit gefragt, warum ich denn heute so handy fixiert sei. An dem Ort wo wir grade arbeiten ist sehr schlechter Empfang, also bin ich sozusagen permanent mit in die Luft gerecktem Telefon durch die Gegend gelaufen. Nachdem ich es erklärt hatte, hat dann meine ganze Crew mitgefiebert. Mich hat lange keine Nachricht mehr so berührt wie die von der Geburt von Emma. Zum Glück hatte ich eine Weile ungestört, denn die Tränen der Rührung konnte ich unmöglich zurück halten. Ich bin sehr stolz auf meine kleine große Schwester und kann es nicht erwarten, dass Reisen endlich wieder möglich sind, damit ich ihr das persönlich zeigen kann. 

Troy und ich fiebern dem großen Organ-Ultraschall morgen entgegen. Wir wissen ja schon von einem DNA- Test, dass wir einen kleinen Sohn erwarten, allerdings ist es wohl gar nicht mal so selten, dass diese Tests falsch liegen. Wir sind also sehr gespannt, ob es ein Julian Troy Markus Bull bleiben wird, oder ob wir doch noch nach einem Mädchennamen suchen müssen. In den letzten Wochen fängt mein Bauch deutlich an zu wachsen. Nachdem ich jahrelang sehr auf meine Figur geachtet habe, ist es schon ein bißchen seltsam, plötzlich einen runden Bauch zu haben. Aber gleichzeitig bin ich auch stolz wie Oskar. Da nehme ich auch gerne in Kauf, dass ich in dem dunkelgrauen Satin-Kleid auf der letzten Hochzeit weniger wie eine Prinzessin aussah als wir ein glänzender Baby-Elefant! 

Auf der Arbeit habe ich die Stunden inzwischen auf das minimum von 40 Stunden reduziert. Nach der Weihnachtspause waren wir mit Tagen von 13-14 Stunden wieder eingestiegen und nach der ersten Woche habe ich mit meinem Chef gesprochen und ihm erklärt, dass das so nicht weiter ginge. Zum Glück ist meine Firma verständnisvoll und ich steige jetzt morgens um halb sieben bei einem der LKWS die zu unserem Block fahren mit ein und lasse mich 8 Stunden später wieder mitnehmen. Meistens arbeite ich einfach 10 Stunden am Tag und bleibe Freitags zuhause. Das ist ein Luxus, den ich sehr genieße. Zum Glück sind alle meine Kollegen sehr darauf bedacht mich zu beschützen und besonders an Tagen wie heute (37°C) lassen sie mich am liebsten gar nicht aus dem klimatisierten Auto aussteigen. 

Ich schicke ein paar Grad nach Deutschland, denn die letzten Tage hier sind tatsächlich ein bißchen zu viel des Guten. Jetzt ist es für mich an der Zeit, mit dem Hund schnell eine Runde zu drehen bevor es heiß wird und dann machen wir hier alle Schotten dicht, in der Hoffnung das Haus kühl zu halten. 

Viele liebe Grüße nach Deutschland!!

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Sonntag, 06.12.2020 Die Katze aus dem Sack

Meine Lieben, sewit dem letzten Eintrag wollte ich so oft ein neues Update starten, aber es ist so viel passiert, dass ich einfach nicht wusste wo ich anfangen sollte. Also - here we go. Wie ich indem letzten Beitrag erwähnt hatte, haben wir bei unserem letztenMeeting erfahren, dass wir bis ca Februar oder März nict mehr arbeiten sollten. Was ich in dem Beitrag nicht erwähnt habe war, dass ich an genau diesem Morgen einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt und vor Glück fast geplatzt wäre. Wer eine Vorstellung davon hat, wie hart wir arbeiten und wie stark die Erschütterungen in unseren Maschinen sind, kann sich wahrscheinlich denken, dass die Nachricht, dass wir erstmal nicht mehr arbeiten müssen für mich daher sehr zweigeteilt war. Finanziell war es natürlich jetzt sehr eingeschränkt, aber zumindest musste ich mir keine Ausrede einfallen lassen, warum ich plötzlich den Maschinen fernbleiben wollte. Da TRoy einer der wenigen in der Firma war, der weiterhin gearbeitet hat, sind wir auch ganz gut über die Runden gekommen und ich habe die ersten Wochen der Schwangerschaft mit viel Gartenarbeit und Spazierengehen einfach nur entspannt genossen. Glücklicherweise gehöre ich auch zu denjenigen, die ohne Übelkeit durch die Schwangerschaft gehen und ich hatte nur etwas mit Müdigkeit zu kämpfen. Da ich ja eh Zuhause war, hat mich das eigentlich überhaupt nicht eingeschränkt.

Angesichts des Wissens, dass ich frühestens im Februar wieder arbeiten sollte und dann ja spätestens im Mai in Mutterschutz gehen würde war für uns auch klar: jetzt ist die Zeit uns unseren Traum vom eigenen Hund zu erfüllen. Also fing die Suche nach einem Welpen an. Und Leute, ihr könnt es euch nicht vorstellen, wie schwer es momentan ist, tatsächlich einen Hund zu adoptieren. Zu diesem Zeitpunt war unser Bundesstaat im Teil-Lockdown und scheinbar haben viele das als Gelegenheit genutzt, sich ebenfalls einen vierbeinigen Gefährten anzuschaffen. Nach langem Suchen und Überlegen haben wir schlieslich Kontakt mit einer Familie aufgenommen, die einen Wurf Rottweiler/Blue Heeler-Welpen abzugeben hatte. Auch diese arme Familie wurde völlig von Nachrichten überschwemmt, aber scheinbar habe ich den richtigen Ton getroffen, um aus der Masse herauszustechen und wir haben die Zusage bekommen, uns einen der Zwerge auszusuchen. Bei genauerem Hinsehen hat die Mutter nur einen geringen Anteil Rottweier und eher Labrador und Kelpie-Gene. Wir sind mit einer kleinen, 8 Wochen alten Hündin heim gefahren und waren so verliebt. Lily war ein bisschen schüchtern für die ersten Tage, aber hat unser Grundstück und die Herzen sämtlicher Nachbarn im Sturm erobert. So anstrengend es auch ist, einen kleinen Welpen zu erziehen, so herzerwärmend ist es auch, sie wachsen zu sehen und mitzuerleben, wie man sich gegenseitig immer besser kennenlernt.

Nun, unsere Firma wäre nicht unsere Firma, wenn sie uns nicht mit einer überraschenden Wendung wie im Film überfallen würde. Lily ist samstags bei uns eingezogen, dienstags bekam ich eine Nachricht, dass ich bitte am nächsten Tag zu einem wichtigen Meeting nach Portland kommen möge. Oh oh, wichtige Meetings waren eigentlich nie gleichbedeutend mit positiven Neuigkeiten. Ich habe also den Welpen ins Auto gepackt und bin mit sehr gemischten Gefühlen nach Portland gefahren. Zurecht, wie sich herausstellte. Der Inhalt des Meetings war, dass unsere Firma nicht mehr für die staatliche Förderung zugelassen ist und sie infolge dessen leider 14 Leute entlassen müssen (das sind ca 15%) und der Rest wieder Vollzeit zur Arbeit zurück kehrt. Mir ist die Kinnlade runtergefallen. 4 Tage nachdem wir uns nach langem hin und her einen Hund anschaffen, lassen sie diese Bombe platzen.
Obwohl ich zu dem Zeitpunkt erst in der 8. Woche schwanger war, habe ich die Gelegenheit genutzt und meine Chefin darüber informiert. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es richtig ist, in einer so schwierigen Zeit mit offenen Karten zu spielen. Sie hat sehr verständnisvoll reagiert und mir versprochen, dass wir einen Weg finden.
Wir mussten ca 1.5 Wochen warten, bis wir erfahren haben, wer die betroffenen Angestellten sind und waren im Endeffekt nicht darunter. Wir waren besonders in Bezug auf meine Ehrlichkeit schon nervös gewesen - denn hier wird der Schutz von Schwangeren nicht ganz so hich geschrieben wie in Deutschland. Man darf mich zwar nicht wegen der Schwangerschaft kündigen, aber aus wirtschaftlichen Gründen dann doch.

Wir waren zwar erleichtert, ass wir beide unsere Jobs behalten haben, aber das hat uns natürich vor das Problem gestellt: was machen wir jetzt mit dem 10 Wochen alten Welpen? Wir haben lange überlegt sie abzugeben. Ich hatte einfach das Gefühl, es ist fairer für den Hund zu einer Familie zu kommen, die mehr Zeit hat. Aber besonders Troy konnte sich dann doch nicht dazu durchringen. Zum Glück ist ungefähr zeitgleich meine holländische Freundin Sanne bei uns eingezogen, die zwar auch arbeitet, aber nicht ganz so lange wie wir und wir haben sowohl eine Hundetagesstelle gefunden, die bereit ist Lily einen Tag in der Woche zu betreuen, als auch eine nette Frau, die sie einmal am Tag spazieren führt, wenn wir nicht da sind. Da es jetzt drausen schön warm ist, bleibt Lily in unserem riesigen Hundeauslauf, den die Vorbesitzer angelegt hatten und hält es wohl ganz gut aus. Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, aber wir versuchen es so gut wie möglich für sie zu machen.

Seit ca 3 Wochen sind wir jetzt zurück bei der Arbeit. Als ich meinem Arzt erklärt habe, dass ich zurück zur Arbeit muss, hat er mir direkt ein Attest ausgestellt, das so ziemlich alles verbietet. Keine Tätigkeit, die Stöße oder Vibration beinhaltet (das schließt sämtliche Maschinen aus), keine Tätigkeit mit Chemikalien und kein Heben über 5 kg. Infolge dessen bin ich jetzt zwar 12 Stunden am Tag im Buch mit meiner Crew, aber bleibe quasi den ganzen Tag im klimatisierten Auto und mache die komplette Papierseite des Jobs. Ich hatte erst Sorge, dass die Crew mir das Leben schwer machen würde, weil sie mich als faul ansehen, aber tatsächlich ist es jetzt so, dass meine Kollegen mich quasi gar nichts machen lassen. Wann immer ich irgendeine Tätigkeit übernehmen möchte, die auch nur entfernt anstrengend ist, kommt irgendwer um die Ecke und sagt "sit back, you are pregnant". Mich bringt das in die sehr komfortable Situation, dass ich eher darum kämpfe mehr zu machen als mich vor Arbeiten zu drücken, die sie mir übergeben wollen. Allerdings streckt sich ein 12 Stunden Tag sehr, wenn man nicht viel zu tun hat und besonders mein Rücken wehrt sich gegen das ungewöhnte, inaktive Leben. Hier wird es langsam Sommer und an unserem ersten richtig heisen Tag (39°C) hatten wir ein Problem mit den Maschinen nach dem anderen und ich war dementsprechend nicht im Auto, sondern mit den anderen in der Sonne nah dran am Geschehen. Früher hätte mir das nicht viel ausgemacht, aber diesmal ging es mir danach tatsächlich das ganze Wochenende über nicht gut. Mich rechtzeitig zurück zu ziehen und wieder hinzusetzen muss ich wohl noch lernen.

Dauerhaft soll ich wohl wieder zurück in die Logyards, wo ich ja vor einiger Zeit schonmal für ein paar Monate eingesetzt war - aber Australiens bester Freund China lässt momentan die Muskeln spielen und kauft kein Holz mehr von uns, was zur Folge hat, dass die Logyards momentan komplett geschlossen sind. Das treibt meine Chefs in den Wahnsinn. Auf unserer Weihnachtsfeier letzten Freitag kam mein Chef (eventuell nicht ganz nüchtern) zu mir und erklärte "Ich freue mich so für dich. Ich habe keine Ahnung was wir mit dir machen sollen, aber ich freue mich riesig für euch". 

Allgemein geht es mir richtig gut in der Schwangerschaft abgesehen von den zunehmenden Rückenschmerzen. Die Reaktionen der meisten Menschen sind herzerwärmend und wir sind überglücklich, dass wir unsere Freude endlich mit der Welt teilen können <3

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Montag, 05.10.2020 Von hundert auf Null

Hallo meine Lieben, 

Wie fast immer sitze ich mit euch morgens auf der Veranda, allerdings dieses Mal auf dem Liegestuhl, den wir letzte Woche aus der Garage geholt haben. Endlich schönes Wetter! Letzte Woche hatten wir 2x fast 30°C und gestern war es zwar kühler, aber etwas schwül durch den angekündigten Regen. Nachdem es jetzt fast die ganze Nacht wie aus Eimern geschüttet hat, ist es jetzt wunderbar frisch, die Natur saugt den Regen auf und es ist windstill und sonnig. 

Die letzte Woche hatten wir komplett frei - und waren darüber auch sehr froh, denn der letzte Tag, den wir in der Woche davor gearbeitet haben, war einfach der Horror. Wir sagen oft, dass unsere Industrie sich dadurch auszeichnet, dass nichts jemals so läuft, wie es soll. Der Tag begann mit zwei LKWs einander gegenüber an einer Einbahnstraße ohne Überholmöglichkeit, ging weiter mit einem essentiellen Problem der Maschine, die die Bäume in Mulch verwandelt. Dieses Problem hat uns für 5 Stunden aufgehalten. In der Zwischenzeit hat ein LKW bei der Durchfahrt eines Schlaglochs (welches notdürftig mit Schutt geflickt war) sein Getriebe beschädigt und war unfähig zu rangieren und der Mechaniker, der uns zur Hilfe kommen sollte um unsere Maschine zu reparieren, blieb in eben diesem Loch stecken und musste mit Hilfe unserer Maschinen raus gezogen werden. Nachdem wir mitten in der Nacht und viel später als geplant die verbleibenden 2 LKW beladen hatten (insgesamt 2.5 anstatt 14 wie geplant) fuhren wir mit Vollgas durch das berühmt berüchtigte Loch ohne stecken zu bleiben - yes. Die Freude hielt leider nur kurz an, denn wenige Meter später schoss die Temperatur unseres Vehikel rasant in die Höhe - ein Stein hatte nicht nur den Kühler zerschlagen, sondern außerdem auch beide Keilriemen zerstört. Da saßen wir also - um 1 Uhr morgens. Der nächste Mensch, der uns abholen konnte 2 Stunden Fahrt entfernt. Wir waren dann um 6 Uhr morgens zuhause und hatten uns wie gesagt die freie Woche verdient. 

Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, war der Grund für ein Meeting, welches wir mittwochs besuchen sollten. Wir dachten eigentlich, es ginge um die Befehlskette innerhalb der Firma, aber weit gefehlt. In der Zwischenzeit hatte unsere Firma erfahren, dass ein Vertrag mit dem sie fest gerechnet hatten, nicht verlängert werden würde. Die Quintessenz den Ganzen ist, dass unsere komplette Firma bis auf wenige Ausnahmen bis mindestens Februar oder März von der Arbeit freigestellt wird. Zu unserem Glück gehört Troy zu den wenigen glücklichen, die noch ein paar Stunden pro Woche arbeiten dürfen und außerdem bin ich ja seit Juni endlich als permanent resident anerkannt, was mich für die staatliche finanzielle Unterstützung in der Covid-Zeit qualifiziert. Wir werden also über die Runden kommen und uns nur ein bißchen einschränken müssen. Für uns ist die Situation alles andere als optimal, aber zumindest die Hühner genießen die Aufmerksamkeit. Während ich diesen Beitrag geschrieben habe, hat Elsa es sich auf meinen Beinen bequem gemacht. 

Bleibt alle gesund!!

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Samstag, 19.09.2020 Nachtschicht-Eulen

Ein weiteres Mal sitze ich mit meinem Kaffee in der Sonne und schreibe euch ein Update von unserem Leben. Momentan kann man jede Woche spüren, wie es wärmer wird und die Tage werden länger. Heute morgen ist es zwar windig, aber der Wind ist angenehm warm. Es ist richtig schön auf unserer eigenen Terrasse zu sitzen, Kaffee aus meiner eigenen (Weltkarten-) Tasse zu trinken und die drei Hühner zu meinen Füßen sitzen zu haben, während sie genüsslich ihr Gefieder putzen und ab und zu zufriedene Gurrlaute von sich geben. Die ganze Woche haben wir wieder in Casterton verbracht und dabei auch noch nachts gearbeitet. Da kommt mir ein warmer Morgen Zuhause vor wie das Paradies. Ich weiß natürlich, dass viele Menschen Nachtschicht arbeiten und auch immer wieder Arbeitszeiten wechseln. Für mich ist es jetzt das erste Mal, dass ich abends nicht zu meiner eigenen Zeit ins Bett kann und ich finde es wirklich anstrengend. Wir sind meistens gegen drei Uhr morgens im Bett in der Unterkunft - und während ich bei Frühschicht locker auf meine 8-10 Stunden Schlaf komme, bin ich bei der Spätschicht meistens um spätestens halb neun wach. Verrückt - als teenager wären diese Arbeitszeiten ja mein Traum gewesen. Bis mittags schlafen, die ganze Nacht wach sein... aber jetzt werde ich sehr garstig, wenn mein Schlafrhythmus verändert wird. Ich genieße allerdings die Gelegenheit, morgens in Casterton am Bach spazieren zu gehen. Die wilden Lilien blühen in voller Pracht und die Vögel sind aktiv wie nie. Verschiedenste Sittiche und Loris, Kakadus und alle möglichen anderen gefiederten Freunde brüten und ziehen ihre Junge auf. Ich kann mich auch nach den Jahren nicht satt sehen an unserer Natur hier in Australien. 

An den Wochenenden verbringen wir weiterhin den Großteil der Zeit Zuhause und versuchen, unser Haus zu optimieren wo wir können. Vor zwei Wochen haben wir uns die Waschküche vorgenommen, die gleichzeitig der hintere Eingang unseres Hauses ist. Dadurch, dass die Häuser hier auf hölzernen Stelzen stehen, gibt es immer wieder kleinere Risse in den Wänden. Der Vorbesitzer hat einige dieser Risse auch ausgefüllt, aber das Material weder abgeschliffen, noch überstrichen. Das Ergebnis war eine hell-ockerfarbene Waschküche mit unregelmäßigen Flecken hier und da an der Wand. Zusätzlich ist die Tür und Rahmen sowohl innen als auch außen völlig zerkratzt, und an den Kanten ausgebrochen. Die Tür war uns schon lange ein Dorn im Auge und nachdem wir eine Hälfte der Waschküche weiß gestrichen hatten, haben wir uns entschieden die Hälfte, die an die Tür angrenzt erstmal so zu lassen, wie sie ist und haben stattdessen einen Türbauer kommen lassen, der uns eine neue massive und schöne Tür einbauen soll. Nun, auf den Kostenvoranschlag warten wir jetzt schon eine ganze Weile. Handwerker UND Australier - das kann ja nur dauern ;-) 

Letztes Wochenende war es sehr windig und sonnig. Typisch australisches Wetter. Und da meine Obstbäume alle noch sehr jung sind und daher ein bißchen windempfindlich, habe ich viel Zeit damit verbracht eiserne Stangen in den Boden zu hämmern und einen Windschutz anzubringen, der auch Schatten spendet. Ihr werdet es mir nicht glauben - aber am nächsten Tag hat der Wind gedreht und kommt seither aus der anderen Richtung. Das erste Mal, seit wir hier wohnen. Ich kann es nach wie vor nicht fassen, aber werde erstmal ein paar Wochen abwarten, bevor ich mir die ganze Arbeit noch einmal mache. 

Unsere Chickensitter Peter und Lorraine haben uns letzte Woche erzählt, dass einer der Nachbarn jetzt zunehmend Besuch von unseren Mädels bekommt. Ich bin immer besorgt ob die Nachbarn sich von den dreien gestört fühlen. Wir haben daher sechs Eier eingepackt und sind zu Robert, der zwar gegenüber von uns wohnt, den wir aber bisher höchstens mal von weitem gesehen haben. Eigentlich wollten wir uns für die Mädels entschuldigen, aber er hat sofort angefangen, ganz begeistert zu erzählen wie sie auf seiner Terrasse sitzen und sich in der Sonne ausbreiten. Ein richtig netter Mann. Wir haben ihm noch den Hinweis gegeben, besser keine Autotüren offen zu lassen. Aus unersichtlichen Gründen scheint es nichts verlockenderes zu geben, als im Fußraum eines Autos zu sitzen. An seiner Reaktion konnten wir aber erahnen, dass er zu diesem Schluß auch schon selbst gekommen war. Oh man, wir haben wirklich Glück, dass alle unsere Nachbarn so tierlieb sind!!

Troy und ich haben übrigens die Angewohnheit, songs in hühnertaugliche Texte umzuwandeln:

"She is the perching queen, young and sweet with her pecking beak"

"all the single chickens, all the single chickens, put your wing up"

"you are my chicken, my only chicken"

ich glaube wir haben wirklich Glück, dass nur sehr selten Menschen an unserem Grundstück vorbei kommen ;-)

Seit Mittwoch sind hier einige Corona Maßnahmen gelockert worden. Wir dürfen jetzt tatsächlich wieder Gäste empfangen und das Haus ohne triftigen Grund verlassen. Endlich normalisiert sich zumindest ein Teil des Alltags. 

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Freitag, 21.08.2020 FrĂźhlingsgefĂźhle

Eine weitere Arbeitswoche ist um und nach 14 Stunden Arbeit sind wir gestern Abend ganz erschöpft nach Hause gekommen. Die Woche war getränkt von wasserfallartigem Regen abwechselnd mit strahlendem Sonnenschein. Richtiges Aprilwetter, nur, dass unser April im August stattfindet. Heute morgen stand wie immer erstmal ein Rundgang durch meinen Garten an. Ich habe das Gefühl über Nacht verändert sich alles - erst recht über die 4 Tage Abwesenheit unter der Woche. Meine Obstbäume bekommen langsam Blätter und Knospen, unsere Zierkirschen sind jetzt nicht nur in voller Pracht mit ihren kleinen weißen Blüten, sondern erstrahlen zusätzlich mit ihren frisch-grünen Blättern. Meine gesähten Gemüsesorten schießen in die Höhe und sogar meine bisher eher kränkliche Passionsfrucht klettert fleißig ihr Drahtseil hoch. Ich war nie wirklich ein Gärtner, aber die Kombination aus angelegtem Garten der meiner Liebe bedarf und bei gepflanzter Dinge erfüllt mich richtig mit Freude. 

Letzte Woche haben wir uns dem hinteren Tor unseres Grundstücks gewidmet. Es ist gesäumt mit zwei hohen schmalen Bäumen, die zwar gerade noch kahl sind, aber im Sommer hellgrüne Blätter tragen. Um diese Bäume herum hat einer der Vorbesitzer eine einheimische Art der Schwertlilien gepflanzt, die zwar im Sommer schöne weiße Blüten trägt, aber sich außerdem ausbreitet wie ein Unkraut. Ich muß zugeben, wir haben dieser Seite des Grundstücks bisher wenig Beachtung geschenkt - bis unser Nachbar mal dezent die Pflanzen, die durch seinen Zaun gewachsen sind, vergiftet hat. Ohje, wir hatten schon ein schlechtes Gewissen, dass wir sie nicht in Schach gehalten haben. Da ich in meinem Garten kein Gift möchte (auch hier haben die Insekten schon genug zu kämpfen) haben wir letztes Wochenende stundenlang diese Pflanzen ausgebuddelt - sehr zur Freude unserer Hühner, die fleißig geholfen haben und sämtliche Würmer aus unserem Weg geräumt haben. Anna scheint ein sehr großes Vertrauen in unsere Präzision zu haben, denn ohne viel Vorsicht taucht sie immer wieder direkt vor dem zustechenden Spaten auf, um auf jeden Fall die erste zu sein. All die Pflanzen sind jetzt auf einem riesigen Haufen aufgetürmt und alle zwei Wochen, wenn unsere grüne Tonne geleert wird, wird er ein bißchen schrumpfen. 

Letztes Wochenende war es eher kalt und regnerisch - und wenn unsere Mädels dann auf der Terrasse sind, lassen wir gerne die Tür zur Waschküche auf. Meistens verlieren die drei schnell das Interesse und gehen zu den Nachbarn, um zu sehen ob sie dort ein zweites Frühstück abstauben können (klappt immer). Freitags hörte ich aber, während ich in der Küche gewerkelt habe, immer wieder ein angestrengtes Gackern von nebenan. Nach einer Weile bin ich mal nachsehen gegangen, nur um Elsa gemütlichst in unserem Wäschekorb sitzen zu sehen, wo sie eindeutig versuchte, ein Ei zu legen. Mal hier und da an den Wäschestücken gezogen, um es gemütlicher zu drapieren und sah mich mit großen Augen an, da sie die Störung überhaupt nicht zu schätzen wusste. Als Frau kann ich nur verstehen, dass sie es so gemütlich wie möglich haben möchte, wenn sie schon täglich diese Anstrengung aushalten muss und habe sie in Ruhe gelassen. Am nächsten Tag hat sie so lange vor der Tür gegackert, bis Troy Mitleid hatte und sie zu ihrem heiß geliebten Korb gelassen, wo sie gleich zur Sache gekommen ist. Es tat uns fast leid, dass wir ihr den Korb unter der Woche nicht zur Verfügung stellen konnten - aber erstens geht das dann vielleicht doch etwas zu weit und zweitens braucht sie Hilfe um nach vollendeter Tat das Nest wieder zu verlassen. Jetzt scheint sie zum Glück wieder mit ihrem Stroh im Gehege zufrieden zu sein, wie ein normales Huhn 🐔 

Die Tage auf der Arbeit gestalten sich weiterhin sehr anstrengend. Mit den Covid-Restriktionen gibt es in Casterton nur wenig Ablenkung und durch unsere Unterkunft in der Pension auch wenig Privatsphäre. Der Inhaber möchte sich um uns kümmern und versteht unsere Andeutungen nur langsam, dass wir nach einem langen Arbeitstag kein Smalltalk betreiben möchten, sondern einfach entspannen wollen. Wenigstens müssen wir die Unterkunft weiterhin nicht teilen, Covid-19 hat also trotz allem auch seine Vorteile. Trotzdem hoffe ich, dass sich alles bald beruhigt und ich endlich wieder deutschen Boden küssen kann! <3

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Montag, 27.07.2020 Christmas in July

Frohe Weihnachten ihr Lieben! Ja, hier wird tatsächlich Christmas in July von vielen gefeiert, weil im Dezember zwar die Feiertage sind, aber Weihnachten im Hochsommer einfach nicht viel mit Rentieren und Nordpol zu tun hat. Besonders die europäischen Familien nutzen die Zeit um Weihnachtsplätzchen zu backen und Glühwein zu trinken. Ich habe mich bisher zurück gehalten - ich backe ja eigentlich das ganze Jahr über, aber der Herrnhuter Stern, den ich zu Weihnachten bekommen hatte, hängt im Wohnzimmer und leuchtet oft den ganzen Tag, wenn das Wetter düster ist. Oft sind unsere Vorgänge zugezogen um ein bißchen mehr Isolierung zu erreichen und dann ist es tatsächlich eine richtig winterliche Stimmung. Der Winter hier fühlt sich allerdings momentan eher an wie Frühling - tagsüber haben wir oft strahlenden Sonnenschein und wenn man nicht grade im Schatten steht fühlt es sich locker an wie 20° C, nur über Nacht haben wir Temperaturen um den Gefrierpunkt. An solchen Tagen ist es im Haus oft kälter als draußen, wenn wir die Stromrechnung entlasten wollen und die elektrische Heizung ausgeschaltet lassen. Das Wochenende haben wir fast komplett im Garten und auf der Terrasse verbracht - sehr zur Freude unserer Hühner, die jeden Handschlag den wir im Garten erledigen mit Adleraugen verfolgen und mit habichtartiger Präzision jedes ahnungslose Insekt verschlingen, das unvorsichtig genug ist präsent zu sein. 

Obwohl Winter ist, blühen hier momentan unheimlich viele Bäume und Wiesenblumen. Manchmal kann ich mich an den sonnigen Tagen gar nicht satt sehen an den intensiven Farben. Im Sommer ist ja hier alles eher trocken, umso mehr explodiert die Natur momentan in grün, pink und weiß. Wir haben viel Zeit damit verbracht das vorhandene Gemüsebeet zum Hochbeet aufzustocken, es fehlen nur noch ein paar Ladungen Erde. Gestern habe ich Unmengen trockener Blätter zusammen gefegt und auf die erste Schicht Erde verteilt. Natürlich unterstützt von 3 tatkräftigen Paar Füße, die sicherlich überzeugt sind, dass Gartenarbeit nur zu ihrer Unterhaltung geschieht. Wenn ich an einer besonders guten Stelle arbeite, muss ich richtig aufpassen kein Huhn mit aufzufegen, weil Anna regelrecht unter den Rechen kriecht um die Erste an der Quelle der Superkäfer zu sein. Wenn ein Haufen Blätter zusammen gefegt ist, ist es quasi ein Wettlauf mit der Zeit, die Blätter an ihren Bestimmungsort zu bringen, da andernfalls nochmal schnell inspiziert wird, ob nicht ein Käfer übersehen wurde - und dann kann ich eigentlich wieder von vorne anfangen mit dem Rechen. Ich habe es bisher nicht übers Herz gebracht den Mädels zu gestehen, dass sie nicht wirklich eine Hilfe sind. 

Dieses Wochenende hatte ich Besuch von einer Frau in meinem Alter, die mir von meiner ehemaligen Nachbarin vermittelt wurde. Sanne kommt aus Holland, ist in meinem Alter, seit 2 Jahren in Australien und sucht nach einem Weg, hier zu bleiben. Es war richtig schön nochmal mit jemandem zu sprechen, der in einer ähnlichen Situation ist wie ich. Sie war ganz begeistert von unserem Grundstück und auch von den Mädels, die sich von ihrer besten Seite gezeigt haben - bis zu dem Zeitpunkt als wir an ihrem Auto standen und sie noch nicht eingestiegen ist, weil wir kein Ende gefunden haben. Ein offenes Auto - da vergisst man als Huhn gerne mal die Manieren. Als erstes hüpfte Bacardi in die Tür. Während ich sie raus pflückte versuchte Anna ihr Glück und nachdem Elsa es auch noch versucht hatte, ist Sanne dann endlich selbst eingestiegen und gefahren. Es war aber auch gar kein so gutes Auto - da waren weit und breit keine Krümel zu sehen!!

Die gesamte letzte Woche haben wir in einem kleinen Ort namens Casterton verbracht. Unsere super tollen Nachbarn haben nicht nur unsere Mädels versorgt, sondern auch Post für uns abgeholt und allgemein nach dem Rechten gesehen. Mit Peter und Lorraine haben wir wirklich einen einmaligen Glücksgriff getan, zumal sie mindestens ebenso verliebt in unsere Haustiere sind wie wir selber. Nach der langen Pause des woodchipping hat unsere Firma uns jedenfalls eine Unterkunft organisiert und wir haben die Produktion wieder aufgenommen. Der Rest unserer Crew teilt sich ein Haus, Troy und ich haben ein Zimmer in einem Airbnb in der gleichen Straße. Das Haus in dem wir gewohnt haben ist historisch (also was hier so historisch ist, ca 100 Jahre alt) und wurde von den Eigentümern sehr liebevoll renoviert und eingerichtet. Man hat tatsächlich ein bißchen das Gefühl in der Zeit zu reisen, wenn man dort ist und einen Wein auf den Chesterfield Sofas trinkt bevor man ins Bett geht. Zuerst war das arrangement ein bißchen gewöhnungsbedürftig, da in dem Gebäude 6 Zimmer vermietet werden und dabei in der Mitte eine Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftsraum ist, den wir durchqueren müssen, um zu unserem privaten Bad zu kommen. Eine etwas merkwürdige Aufteilung. Außerdem begann unser Tag letzte Woche sehr früh und wir sind dementsprechend früh ins Bett gegangen - eine andere Crew hatte aber mit ein paar drinks im Gemeinschaftsraum mit Football eine gute Zeit und infolge der historischen hohen Decken war die Lautstärke für uns sehr unangenehm. Nach mehrmaligem bitten, die Lautstärke herunter zu fahren haben wir in der ersten Nacht nicht viel Schlaf bekommen - aber zum Glück war das nur eine Nacht. Der Besitzer des AirBnb hat uns für die folgende Woche einen privateren Bereich im hinteren Teil des Hauses versprochen. Wir sind allerdings heute morgen (wohlgemerkt hat der Wecker um 2:30 geklingelt) zu der Nachricht aufgewacht, dass der Industriehafen wegen der 2. Welle Covid-19 geschlossen ist und wir daher nicht arbeiten können. Wir werden später am Tag nach Portland zum Hauptsitz unserer Firma fahren und hoffentlich mehr Details bekommen, wie es die nächsten Wochen weiter geht. 

In Australien allgemein hatte sich die Corona- Lage inzwischen größtenteils beruhigt. Leider hat sich nachdem viele Maßnahmen gelockert wurden besonders in Melbourne ein zweiter Schub eingestellt und momentan werden meist knapp 500 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Wie ihr wisst wohne ich in Victoria, dem Bundesstaat von Melbourne. Melbourne ist inzwischen wieder im lockdown und es herrscht die Regel "keiner rein, keiner raus". Sämtliche Bundesstaaten haben die Grenzen zu uns dicht gemacht, man kann Victoria nur mit Ausnahmegenehmigung verlassen. Hamilton hatte bisher keine weiteren Fälle, aber in den umliegenden nächsten Städten Portland, Warnambool und Horsham häufen sich die Einzelfälle. Das ist ca 100 km Umkreis, was sich zwar weit anhört, aber hier tatsächlich nur ein Katzensprung ist. Viele Menschen pendeln täglich (wie ich ja auch, bevor wir wieder angefangen hatten zu produzieren). Es bleibt also spannend. Seit letzter Woche mussten wir auch auf der Arbeit eine Make tragen. Das Gefühl des doomsday hat sich wieder mit jedem Tag verstärkt. Leider ist es nach aktuellem Stand auch sehr unwahrscheinlich, dass internationale Reisen im regulären Maße vor Mitte nächsten Jahres wieder möglich sein werden. Australien wird seine Grenzen erst wieder öffnen, wenn sich die weltweite Lage weitestgehend beruhigt hat und eine Impfung verfügbar ist. Es ist sehr schwer, sich damit abzufinden. Der Hund meiner Eltern ist Anfang der Woche gestorben. Meinem Vater ging es nicht so gut. Meine kleine Schwester ist schwanger. All die Momente, in denen ich gerne da wäre. Meistens kann ich mich gut mit der Situation abfinden, aber die Ungewissheit, wann ich alle wieder umarmen kann ist manchmal schwer zu ertragen. Wir überlegen momentan auch, unsere Hochzeit nach hinten zu verschieben um wirklich sicher zu sein, dass meine Familie einreisen kann. Aber für diese Entscheidung haben wir ja zum Glück noch Zeit. 

Jetzt werde ich vielleicht die unerwartete Freizeit doch noch nutzen, um noch schnell ein paar Weihnachtsplätzchen zu backen!

Bleibt bitte alle gesund und fühlt euch herzlich umarmt <3

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